spießschleuderern, Bogenschützen und Steinschleuderern beschossen werden, 297 ohne dass sie selbst die feindlichen Schützen wegen der Höhe der Thürme zu erreichen vermochten. Die Thürme aber im Sturme zu nehmen, war unmöglich, da man sie wegen ihrer Riesenlast nicht leicht umwerfen, noch auch wegen des Eisenbeschlages, der sie bedeckte, anzünden konnte. 298 So mussten sie sich demnach außer Schussweite flüchten und waren dadurch natürlich außer Stand gesetzt, noch ferner den Ansturm der Widder aufzuhalten, die denn auch jetzt ununterbrochen gegen die Mauer dröhnten und nach und nach doch ihr Ziel erreichten. 299 Bereits wankte die Mauer unter den Stößen des Nikon (d. i. des Siegers), ein Name, den die Juden selbst der größten römischen Widdermaschine gaben, weil sie jeden Widerstand besiegte. Andererseits waren die Juden bereits infolge ihrer Kämpfe und der Wachen, für die sie hier weitab von den bewohnten Theilen der Stadt die Nächte hatten opfern müssen, längst viel zu erschöpft; 300 auch schmeichelten sie sich in ihrer Bequemlichkeit und mit jener Voreiligkeit, die alle ihre Pläne so unheilvoll beeinflusste, mit dem Glauben, es wäre die Bewachung der Mauer ohnehin etwas ganz überflüssiges, in Anbetracht des Umstandes, dass hinter ihr ohnehin noch zwei andere Mauern lägen, und so zogen sich ein denn in der That schon früher die meisten von der Stelle zurück. 301 Als dann die Römer an der vom Nikon gebrochenen Bresche hinaufstürmten, verließen schließlich alle Juden ihren Posten und flüchteten sich hinter die zweite Mauer, während die Soldaten, welche die Bresche überstiegen hatten, sofort die Thore öffneten und das ganze Heer hineinließen. 302 Auf solche Weise bekamen die Römer nach fünfzehntägiger Belagerung am siebenten des Monates Artemisius die erste Mauer in ihre Gewalt. Sie demolierten darauf ein langes Stück von dieser Mauer, wie auch den nördlichen Stadttheil, was früher schon Cestius gethan hatte.
303 (3.) Nachdem Titus zunächst die ganze Strecke bis hinüber zum Kedronbach besetzt hatte, rückte er nach dem sogenannten Assyrierlager, so dass er sich gerade noch außerhalb des Schussbereiches der zweiten Mauer befand. Alsbald eröffnete er auch den Sturm auf die zweite Mauer, 304 den die Juden, in zwei Scharen vertheilt, von den Zinnen aus tapfer abzuschlagen suchten. Die Anhänger des Johannes kämpften von der Antonia und der nördlichen Halle des Tempels herab, wie auch vor dem Grabmonument des Königs Alexander, während die Schar des Simon den Zugang beim Johannesdenkmal besetzt hielt und bis zu jenem Thore hin sich verschanzt hatte, bei welchem die Wasserleitung nach dem Hippikusthurme in die Stadt eintrat. 305 Oftmals stürzten die Juden zu den Thoren heraus und rangen
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 404. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/404&oldid=- (Version vom 1.8.2018)