indes sie selbst schutzlos den Geschossen der Römer ausgesetzt waren, falls sie sich aber näher heranwagten, noch bevor sie einen guten Schwertstreich gemacht, schon verloren waren und sammt ihren Nachen versanken. 526 Wollten sich einzelne Kähne mit Gewalt durchschlagen, so wurde ihre Bemannung zum großen Theil von den Lanzen der herandringenden Römer durchbohrt; manche fielen auch unter dem Schwerte der in die Kähne hineinspringenden Feinde; einige wurden von den sich zusammenschließenden Schaluppen in die Mitte genommen und sammt ihren Nachen einfach aufgehoben. 527 Wenn Schiffbrüchige wieder auftauchen wollten, so bekamen sie sofort einen Schuss oder sie geriethen unter ein Boot, und machten sie gar in ihrer Verzweiflung Anstrengungen, um in ein feindliches Fahrzeug zu kommen, so hackten ihnen die Römer Kopf oder Hände ab. 528 Ueberall ereilte das Verhängnis, hier in dieser, dort in einer anderen Gestalt eine Menge von Juden, während die Uebriggebliebenen auf ihrer Flucht von den Römern, die schon von allen Seiten ihre Nachen umschwärmten, aus dem See hinaus gegen den Strand gedrängt wurden. 529 Hier wurde vielen schon die Landung abgeschnitten, und dieselben noch im See drinnen über den Haufen geschossen, viele, die noch aus den Schiffen springen konnten, wurden von den Römern am Lande niedergestreckt. Weithin erschien der See mit Blut geröthet und mit Leichen angefüllt. Denn gerettet wurde Niemand! 530 Der Gestank, der sich in den folgenden Tagen in der ganzen Gegend verbreitete, wie auch der Anblick, den sie bot, war geradezu furchtbar! Die Ufer waren über und über mit Schiffstrümmern und hoch aufgedunsenen Leichnamen bedeckt, die unter der Einwirkung der Sonnenglut und der modernden Feuchtigkeit einen wahren Pesthauch in die Lüfte entsandten, so dass diese Metzelei nicht bloß ein höchst trauriges Ereignis für die verunglückten Juden war, sondern auch denen, die sie vollbracht, ein Gegenstand widerwärtigen Ekels wurde. 531 So endete der Seekampf auf dem Gennesar. Alles in allem hatten, mit Einschluss derer, die schon früher in der Stadt gefallen waren, 6500 Juden ihr Leben eingebüßt.
532 (10.) Nach der Schlacht saß Vespasian in Tarichää zu Gericht, um das zugelaufene Volk, das offenbar am Kampfe zunächst schuld war, von den Einheimischen zu sondern, und hielt dann mit seinen Generälen Rath, ob man auch diese Fremden begnadigen sollte. 533 Die Truppenführer sprachen sich sämmtlich dahin aus, dass deren Freilassung nur Schaden bringen könnte, da solche aus ihrem Heimatsort vertriebene Leute, einmal freigegeben, sicher keine Ruhe halten würden, zumal sie auch imstande wären, ihre Unterstandsgeber
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 293. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/293&oldid=- (Version vom 20.2.2020)