Ocean, der das Land bespült und dabei durch seine Flut und Rückflut selbst den Einheimischen immer unheimlich bleibt, im Freiheitskrieg einen dauernden Erfolg gesichert. 375 Im Gegentheil, der Römer hat selbst über die Säulen des Hercules hinüber sein Schwert ausgestreckt und hat sogar den Weg über die wolkenbehangenen Scheitel der Pyrenäen gefunden, um sich auch diese Völker noch zu unterwerfen, und bald war für die schier unbezwinglichen und so weitab wohnenden Iberer nur eine Besatzung in der Stärke einer einzigen Legion mehr nothwendig. 376 Wer von euch wüsste dann nicht etwas, wenigstens vom Hörensagen, über die Völkermassen der Germanen? nicht zu reden von ihrer Körperkraft und Leibesgröße, von der ihr euch ja wohl schon oftmals durch Augenschein habt überzeugen können, da die Römer überall kriegsgefangene Sclaven von dieser Nationalität besitzen. 377 Aber obschon diese Völkerstämme ein unermessliches Gebiet bewohnen und in einem gewaltigen Körper einen noch gewaltigeren Freiheitssinn und eine Seele voll Todesverachtung besitzen, obschon sie in ihrem Grimme noch fürchterlicher sind, als die wildesten Thiere, hat sich dennoch ihr Ansturm am Rheine gebrochen, und wird das Volk von acht Legionen in der Weise niedergehalten, dass ein Theil desselben, jener nämlich, der in die Hände des Siegers gerathen ist, Sclavendienste leisten, die Hauptmasse der Nation aber durch die Flucht ins Innere sich vor den Römern schützen muss. 378 Sehet euch aber auch die Mauer der Britannen etwas näher an, ihr, die ihr so sehr auf die Mauern Jerusalems pochet! Sind ja doch selbst diese meerumschlungenen Völker, deren Inselreich hinter unserem bewohnten Festland an Ausdehnung nicht zurücksteht, von den Römern nach Uebersetzung des Oceans geknechtet worden, und nur vier Legionen hüten jetzt diese ungeheure Insel! 379 Wozu aber noch viele Worte machen, wenn selbst die Parther, die kriegerischeste Nation, die über soviele Völker ihr Scepter schwingt und an der Spitze einer so gewaltigen Wehrkraft steht, den Römern Geiseln stellen müssen, und man in Italien sehen kann, wie die Blüte des Morgenlandes unter der verschämten Phrase von „Sicherung des Friedens“ im Grunde genommen Sclaven abgeben muss. 380 Und während so fast Alles unter der Sonne der eisernen Gewalt der Römer huldigt, wollet ihr ganz allein es mit ihnen aufnehmen, statt euch wenigstens durch das Ende der Karthager witzigen zu lassen, die trotz ihres großen Hannibal und trotz ihres edlen phönicischen Geblütes, auf das sie so stolz waren, dem Arme des Scipio erlagen! 381 Ja, weder die Cyrenäer, obschon ein Zweig vom lakonischen Stamme, noch das Volk der Marmariden, das sich bis zur heißen Wüste ausdehnt, noch die schon durch ihre bloße Erwähnung Grauen erweckenden Syrten, noch
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/197&oldid=- (Version vom 17.2.2020)