einer Weise verehrt, dass ich zum Lohne dafür bis zur äußersten Grenze des menschlichen Lebens zu kommen erwarte. 463 Sollte aber doch Jemand bei seinen Aufmerksamkeiten für meine Söhne schon auf mein Ableben speculieren wollen, so würde ich ihn dafür nicht bloß meinetwegen, sondern auch wegen des Frevels, den er sich dadurch an meinen Söhnen schuldig macht, zur Verantwortung ziehen. Denn gewiss nicht aus Neid gegen die Letzteren, die ja doch mein eigen Fleisch sind, suche ich die schmeichlerische Dienstbeflissenheit gegen sie zurückzudrängen, sondern weil ich weiß, dass diese Umwerbungen den jungen Leuten nur die Bahn zu verwegenen Streichen ebnen. 464 Wenn übrigens ein jeder, der bei meinen Söhnen ein- und ausgeht, nur das eine sich zu Gemüthe führt, dass er im Falle einer loyalen Aufführung gewiss seine Belohnung von mir erhalten, im Falle er aber Parteiungen stiftet, für sein schlechtes Betragen nicht einmal bei jenem, dem er dadurch gefällig sein will, sich einen Nutzen herausschlagen wird, so bin ich sicher, dass alle ohne Ausnahme nur meinem Interesse dienen wollen, das ja gleichbedeutend ist mit dem Interesse meiner Söhne, da es auch diesen nur von Vortheil sein kann, wenn ich noch mit kräftiger Hand die Zügel der Regierung führe und mit ihnen in Eintracht lebe. 465 Euch aber, meinen guten Kindern, rufe ich zu: Eingedenk vor allem der Heiligkeit des Naturgesetzes, durch das selbst bei den wildesten Thieren die Liebe zum eigenen Fleisch tief eingeprägt erscheint, eingedenk dann desjenigen, der sich unsere Aussöhnung hat angelegen sein lassen, des Kaisers, und drittens auch meiner Person, der ich, wo ich eigentlich befehlen könnte, euch nur herzlich bitten will: Bleibet Brüder! Ich schenke euch von jetzt an das königliche Kleid und königlichen Hofstaat und habe nur den flehentlichen Wunsch, Gott möge diese meine Verfügung mit seiner Kraft begleiten, was auch sicher geschehen wird, wenn ihr nur einig seid.“ 466 Nach diesen Worten umarmte er jeden seiner Söhne auf eine herzliche Weise und entließ die Versammlung, von der ein Theil das Gesagte mit aufrichtigen Wünschen begleitete, indes andere, die sich nur nach einer Umwälzung sehnten, sich stellten, als hätten sie gar nichts gehört.
467 (1.) Den Brüdern folgte jedoch bei ihrem Weggange noch immer das Gespenst der Zwietracht, und sie schieden mit einem noch
Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/098&oldid=- (Version vom 11.2.2020)