keine Sünde! Ich bin ja auch verheiratet, und ich dächte, du wärest Manns genug, eine Frau zu ernähren.“
Als Hans wußte, daß der König nichts dagegen habe, ging er zu dem Wirt in den Gasthof und sprach zu ihm:
„Weißt du keine Frau für mich? Sie mag sein, wie sie will, nur darf sie noch keinen Bräutigam gehabt haben.“
„Lieber Hans,“ antwortete der Wirt, „solche Mädchen mag’s früher gegeben haben, heuer sind sie rar. Doch wie wär’s mit des reichen Kaufmanns einziger Tochter, die ist erst siebenzehn Jahre alt und mag wohl noch niemals brauten gegangen sein.“
„Ich will’s versuchen,“ sagte Hans und ging zu dem reichen Kaufmann und fragte ihn, ob er seine Tochter zur Frau bekommen könne. Er müsse sie aber vorher gesehen haben, wenn sie schliefe.
„Dummes Zeug!“ antwortete der Kaufmann.
„Nun, dann wird aus der Hochzeit nichts,“ antwortete Hans.
„Aber Herr Hofjäger,“ antwortete der Kaufmann, „wer wird sich denn gleich so abschrecken lassen, wenn man auf Freiers Füßen geht! Mir wollte nur soeben nicht ganz in den Sinn, daß Ihr das Mädchen zuvor im Schlafe sehen möchtet. Aber wenn Ihr darauf besteht, so soll’s Euch gerne gewährt sein.“
Da blieb denn Hans bei dem Kaufmann zu Abend; und als das Mädchen zu Bette gegangen und eingeschlafen war, durfte er zu ihr in die Kammer schleichen.
Ulrich Jahn: Schwänke und Schnurren aus Bauern Mund. Mayer & Müller, Berlin 1890, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahn_Schwaenke_und_Schnurren_aus_Bauernmund.djvu/25&oldid=- (Version vom 1.8.2018)