„Beinahe drei. Ich bin müde. N’abend also.“ Und, indem er ein Gähnen markierte, verließ er das elegante Spielzimmer, wo nur noch wir beide bis jetzt ausgehalten hatten.
Wie im Traum schaute ich um mich. Unsinnige Gedanken durchzuckten mein Hirn, Gedanken, vor denen ich zurückbebte und die sich mir trotzdem immer wieder aufdrängten. Wie, wenn ich Lautenborn nacheilte und meinem Schicksal durch einen Gewaltstreich eine andere Wendung gab? – Ein Plan mit allen in Blitzeseile raffiniert ausgeklügelten Einzelheiten tauchte vor meinem Geiste auf. – Niemand wußte, wieviel ich zum Schluß an meinen Partner verloren hatte, niemand. Und ein Verdacht würde nie auf mich fallen, wenn ich –
Eine Stimme riß mich empor.
„Herr Heiking, ich werde das Licht ausdrehen müssen.“ – Es war einer der Klubdiener, der sich mir lautlos genähert hatte.
„Sie haben recht, Franz. Es ist spät geworden.“
Ich faßte in die Tasche und drückte dem alten Mann ein Dreimarkstück, eines meiner letzten, in die Hand. –
Dann stand ich auf dem Bürgersteig der stillen, vornehmen Straße des Berliner Westens, in der der Klub „Konkordia“ die erste Etage eines riesigen Steinkastens von Mietshaus innehatte, und blickte unschlüssig vor mich hin. Sollte ich nach Hause gehen und zu schlafen versuchen –? – Wohl ein zweckloses Beginnen! Mit den Gedanken, den Vorwürfen, die immer wieder auf mich einstürmten, mit dieser
Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/7&oldid=- (Version vom 1.8.2018)