Einsam zu denken – das ist weise,
Einsam zu singen – das ist dumm!
So horcht mir denn auf meine Weise
Und setzt euch still um mich im Kreise,
Die kleine Brigg, genannt «das Engelchen».
Engelchen: so nennt man mich –
Jetzt ein Schiff, dereinst ein Mädchen,
Ach, noch immer sehr ein Mädchen!
Denn es dreht um Liebe sich
Engelchen: so nennt man mich –
Bin geschmückt mit hundert Fähnchen,
Und das schönste Kapitänchen
Bläht an meinem Steuer sich,
Engelchen: so nennt man mich –
Ueberall hin, wo ein Flämmchen
Für mich glüht, lauf ich ein Lämmchen
Meinen Weg sehnsüchtiglich:
Engelchen: so nennt man mich –
Glaubt ihr wohl, dass wie ein Hündchen
Bell’n ich kann und dass mein Mündchen
Dampf und Feuer wirft um sich?
Engelchen: so nennt man mich –
Sprach ein bitterböses Wörtchen
Einst, dass schnell zum letzten Oertchen
Mein Geliebtester entwich:
Engelchen: so nennt man mich –
Kaum gehört, sprang ich vom Klippchen
Friedrich Nietzsche: Idyllen aus Messina. E. Schmeitzner, Chemnitz 1882, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Idyllen_aus_Messina-Nietzsche-1882.djvu/2&oldid=- (Version vom 1.8.2018)