Jakob Sprenger, Heinrich Institoris; J. W. R. Schmidt (Übersetzung): Der Hexenhammer | |
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Errungenschaften der Wissenschaft, selbst in unseren modernen Zeiten der Glaube an Hexenwerk und Teufelsspuk die Geister weiter Kreise gefangen hält. Aber man versetze sich nur einmal in die Lage der Menschheit gegen Ende des Mittelalters: Man müßte sich wundern, wenn der Hexenhammer nicht erschienen wäre! Der Boden war ja aufs beste vorbereitet. Die Gelehrten, zuerst die Kirchenväter, hatten sattsame Gelegenheit gehabt, sich mit der Person des Versuchers zu befassen, der ja bekanntlich schon im Alten Testament, gleich auf den ersten Seiten, eine so verhängnisvolle Rolle gespielt hat und immer wieder, auch im Neuen Testamente, auftaucht. Seine Taten sind in aller Gedächtnis, so daß es überflüssig erscheint, darüber noch ein Wort zu verlieren. Aber die Theorien der Gelehrten, zunächst nur den Fachgenossen vertraut und von ihnen von Geschlecht zu Geschlecht vererbt, stetig vertieft und verallgemeinert, mußten doch bald in die breiteren Schichten des Volkes dringen, wozu die Prediger das meiste beitrugen, denen natürlich der Böse ein stets willkommenes, immer neu variiertes Thema für die Predigt bedeutete; dem Volke aber ist der Teufel immer verständlicher gewesen als der Herrgott in seiner erhabenen Majestät: Der Teufel in seiner Leutseligkeit, den man auch gelegentlich einmal so recht g’spaß’g prellen und zum dummen Teufel machen kann, ist recht eigentlich der Gott der kleinen Leute. Der gemeine Mann schickt in Krankheitsfällen gewiß erst zum Quacksalber oder zur Streichfrau, die „büßen“ und „besprechen“ kann, ehe er sich an den „Doktor“ wendet: Dieser steht ihm eben zu hoch. Was für ein krasser Aberglaube hat aber vor sechshundert Jahren und noch früher geherrscht!! Wir verwöhnten Söhne einer „enorm fortgeschrittenen Zeit“ können uns nur sehr schwer einen Begriff davon machen, wie die damaligen Menschen ohne Dampf, Gas und Elektrizität haben leben können; ohne Buchdruckereien! Vergegenwärtigen wir uns etwa die Leistungen eines Lessing z. B. immer in richtiger Weise? Nehmen wir nicht vielmehr die Errungenschaften, die wir diesem Manne und so vielen seiner Vorfahren, Zeitgenossen und Nachfahren verdanken, als etwas ganz Selbstverständliches hin, an dessen Herleitung niemand denkt? Es ist eben Allgemeingut geworden. So war aber auch der Hexenglaube damals ein Dogma, an dessen Wahrheit zu zweifeln ein böses Ding war. Freilich gab es auch in jenen schwarzen Zeiten noch hier und da Männer, die nicht an die Lehren des Hexenhammers glaubten, geradeso wie es heute auch noch „rückständige“ Leute gibt, die sich nicht entschließen können, an den Dichter und Komponisten Richard Wagner zu glauben; aber die Narren waren
Jakob Sprenger, Heinrich Institoris; J. W. R. Schmidt (Übersetzung): Der Hexenhammer. Hermann Barsdorf, Berlin & Leipzig 1923 / 1489, Seite x. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hexenhammersprenger1923.djvu/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)