von einem andern genialen Schüler des Prof. Hartmann, K. H. Herrmann, ist ebenfalls ein rühmliches Zeugniß von dem nicht gemeinen Talent des jungen Mannes.
Einen geringern Werth scheinen das Martyrerthum des heil. Sebastian von Lindau, des heil. Rochus in der Wüste, und ein Christus am Kreuze , zwey größere Altargemälde von Arnold zu haben. Die letztern Gemälde zeichnen sich weder durch Zeichnung und Zusammensetzung, noch durch die Ausführung, am wenigsten aber durch das minder gefällige Colorit, welches sie tragen, aus.
Eine sitzende Muse von einem Schüler des Prof. Pochmann, C. Peschel, nach eigner Erfindung, ist kein übel Bild. Der Schüler hat sich die Manier seines Meisters ziemlich zu eigen gemacht, und diese hat sich hier mit einer geistvollen Zeichnung zu einem ungemein lieblichen Ideal verbunden.
Zwey junge talentvolle Maler, Ehregott Grünler aus Leipzig und Eduard Ehrhard aus Graudenz haben in der Behandlung eines sehr verwandten Gegenstandes einen Wettstreit begonnen, welcher Beiden Ehre macht. Ehregott Grünler stellt Amor und Psyche, sich in Grünem umarmend, und der letztere Venus mit Amor, welcher den Bogen spannt, aus dem Schoose, beide nach eigenen Ideen in einem fast gleich großen Oelgemälde vor. Das erstere ist ein zart und nicht ohne Grazie behandeltes Gemälde. Die Figuren desselben sind mit vielem Sinn zu einem ungemein lieblichem Gemälde gruppirt. Nur die Behandlung der Fleischpartieen scheint den noch nicht ganz sichern Künstler zu verrathen. Die Venus von Ehrhard, welcher schon mehrere Preise gewann, dünkt mich indessen noch vorzüglicher. Sie ist eine Medizeische von idealisch schönen Formen und jugendlich reizenden Zügen. Auch Amors rückwärts gebogenes Köpfchen ist ganz allerliebst. Im Rücken der von einem großblättrigen Platanus beschatteten Gruppe küßt sich zärtlich ein Taubenpaar, und vor derselben breitet sich die reizende Aussicht auf eine ferne Gebirgslandschaft aus. Sollte auch die Beschuldigung einiger Fehler der Zeichnung, welche man diesem Bilde macht, gegründet seyn, so vergütet dies doch der jugendliche Genius, dessen Talent einst einen sehr ausgezeichneten Maler verspricht, durch unverkennbare Schönheiten.
Zwey Gemälde von L. Kehrer, herz. Anhalt. Hofmaler, interessiren sowohl durch den Stoff, der ihnen zum Grunde liegt, als durch dessen malerische Behandlung. Das eine versinnlicht das Auffinden eines Bergmanns, dessen Leichnam im J. 1809 zu Fahlun in Schweden bei dem Aufräumen eines vorlängst eingestürzten Schachts in Vitriolwasser vollkommen erhalten angetroffen und zu Tage gefördert ward. Niemand kennt ihn. Da wankt eine 75jährige Alte an einer Krücke herbei, erkennt ihn augenblicklich, neigt sich küssend über ihn und sagt: „Es war mein Verlobter. Vor mehr als 50 Jahren fuhr er 8 Tage vor unserer Hochzeit in die Grube und kehrte nie wieder.“ Das andere malt nicht ohne Geist und Leben die bekannte, in Bürgers Lied vom braven Mann besungene Scene, der mit eigner Lebensgefahr den von Wasserfluthen bedrohten Zöllner und dessen Familie rettet, und, nach gelungener That, mit edler Uneigennützigkeit jede Belohnung zurückweist.
Einige minder bedeutende, obwohl keineswegs ganz werthlose historische Gemälde, brauche ich bloß noch zu nennen ; z. B. einen heil. Johannes in der Wüste von Rentsch; einen Arion, der sich dem Meere anvertraut, von C. Müller, beide nach eigenen Ideen; ein ungemein liebliches Kinderköpfchen, welches das Licht einer Lampe ausbläst und von dessen Flamme wunderschön beleuchtet ist, von Georgi(?), ich glaube, nach Vogel.
Copien, meistens nach Meisterstücken der Dresdner Gallerie, sind nicht selten. Die vorzüglichsten derselben schienen mir: Die Madonna di St. Sisto von Amalia Schwerdgeburth in Weimar; Correggio’s Magdalena von Apollonia Seydelmann, beide in Sepia; die Madonna della Sedia von Hellmann aus Braunschweig in Oel, und die nämliche sehr wacker bunt auf Porzellan, von einem Künstler der Meißner Schule; eine heil. Jungfrau mit dem Jesuskind und dem kleinen Johannes nach Gimignani von Louis Klaß, und eine Maria mit dem Christkind nach Zuccheri von Schröter aus Leipzig, beide in Oel.
Der unerreichte und unübertroffene Meister der schwierigen Behandlung der Sepienzeichnung, Prof. Seydelmann, gibt einen herrlichen Christus, Brod und Wein segnend, Kniestück in Lebensgröße nach (?)[WS 1] Solche Copien stehen dem werthvollsten Original am Werthe nicht nach.
Die Arbeiten der kunstreichen, sonst so fleißigen Fräulein Therese a. d. Winkel, deren meisterhafte Copien hinlänglich bekannt und geschätzt sind, wurden bei dieser Schaustellung gänzlich vermißt.
Die Portraitmalerei beschränkt zwar die Phantasie des Malers, weil sie hier weniger selbstschaffend wirken kann, und wird immer nur einen untergeordneten Rang im Reiche der Künste behaupten. Demohngeachtet wird sie doch aus leicht begreiflichen Gründen von den meisten sehr geschätzt und dem Künstler eben so nothwendig bleiben.
Sicuti inter stellas luna minores – so ragen über der zahlreichen Menge der, der Beschaulust dargebotenen Portraitleistungen drey Oelgemälde von dem Prof. Friedrich Matthäi herfür. Das erste, das Bild eines Liefländischen Güterbesitzers in ganzer Figur, soll, wie man sagt, mit der kunstreichsten und fleißigsten Ausführung die höchste Treue vereinen. Ueber die Züge des zweyten Bildes, eines weiblichen Portraits, dessen Original mir unbekannt ist, ergießt sich eine Fülle von seelenvoller Güte und zauberischem Liebreiz, der jedes wörtlichen Ausdrucks spottet. Wie von unsichtbarer Macht ward ich immer von neuem zu dem lieblichen, sehr einfach drapirtem Gemälde zurückgezogen, und weilte mit immer erhöhetem Vergnügen vor dem durchdringenden Blick des großen freundlichen Auges. Zu meiner Rechtfertigung kann ich versichern, daß es andern auch nicht
Anmerkungen (Wikisource)
Tauscher: Bericht über die Kunstausstellung in Dresden 1820 usw.. Friedrich Tempsky, Prag 1820, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hesperus_1820_Kunstausstellung_in_Dresden.djvu/2&oldid=- (Version vom 16.11.2024)