Der evangelische Frauenbund hat unter dem Kreuze seine Kraft gefunden und ihm die Treue zu halten sich gelobt. So wird er für unsre Landeskirche ein treuer, dankbarer Bund, nicht Gesinnungsgemeinschaft, sondern Glaubensgenossenschaft sein, die dem alten Evangelium die Kraft zutraut, neue Schäden zu heilen und dem Einzelchristen die Pflicht zuruft, sich zu heiligen und etwas zum Preise der Gnade zu werden, damit sie andern heilig und licht werden möge.
In dankbarem Gedächtnis an die heimgegangene Vorsteherin ihres Vereins und an alles, was sie gesonnen und gefördert hat, an ihre Schlichtheit und fromme Klugheit, wünsche und erbitte ich Ihnen und unsrer Kirche viele Nachfolge.
Unser Glaube, aus und in dem wir uns dankbar mit der lichten Wolke von Zeugen, die über Alt-Nürnberg hinzieht, zusammenschließen, der Glaube an das unvergängliche Heilsgut in Christo, unserm Herrn und an seine arme und unbedeutende Gestalt ist nicht ein Sieg gewesen, der nimmer gelten noch kommen könnte, sondern ist der Sieg über eine Welt von Zweifeln, Sorgen und Sünden. Luthers Doktorat am 18. Oktober, die Großtat vom 31. Oktober werden nicht damit geehrt, daß wir welken Lorbeer um die morsche Stirn winden und das Grab des Propheten der Deutschen schmücken, sondern in der Treue, die als das Größte der Herr von seinen Knechten erwartet und erfordert. Das ist die Treue des Kinderglaubens, mit dem Luther die Heilstatsache erfaßte und des Mannesmutes, der diesen Glauben bewahrt und vertritt.
Möge die bekennende Treue unter uns bleiben und uns bleiben lassen, was wir sein sollen und werden wollen, echte Kinder der Reformation, Lebensbilder zum Preis ihres Meisters. Gott schenke es aus freundlicher Gnade.
Hermann von Bezzel: Frauengestalten aus der Landeskirche. Verlag der Buchhandlung des Vereins für innere Mission, Nürnberg 1912, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Frauengestalten_aus_der_Landeskirche.pdf/15&oldid=- (Version vom 8.9.2016)