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Seite:Hermann von Bezzel - Der 3. Glaubensartikel.pdf/77

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ins Angesicht des Todes ist ein Beweis der Unsterblichkeit. Wir glauben und haben nicht einen Gott, der Blumen wachsen läßt, um sie dann zu zerpflücken und sich zu freuen an dem Spiel der wehenden Blätter. Der Mensch, der da weiß, daß Gott lebendige Seelen nur schafft auf ein ewiges Ziel hin, der spricht: Ich brauche ein ewiges Leben, darum bekomme ich es. Ich brauche ein ewiges Leben, um zu lernen, um zu lieben, um zu wirken.

 Ich brauche ein ewiges Leben, um zu lernen. Mein Gott, Du hast so viele Rätsel meines Sündenlebens gestellt. Warum hast Du mir das getan? Warum hast Du mir jenes genommen und dieses mir gelassen? Das Liebste mir so bald entrissen und das Schwerste mir so lange beschieden? Warum hast Du mich Wünsche äußern lassen und hast sie erfüllt, um mich bald und jählings aus der Erfüllung zu reißen? Warum ließest Du es zu, daß ich mit allen Fasern mich an einen Menschen band, da Du doch die Bande jählings zerrissest? In mein Leben sind tausend Rätsel gegeben oder von mir selber geschaffen. Mein Gott, ich brauche die Ewigkeit, um zu lernen.

 Und im Leben meiner Mitmenschen, der Gemeinden, denen ich einst zu dienen hatte, der Kirche, in der ich arbeite, der Welt, in der ich wirke, ist eine solche Fülle von Rätseln. Mein Gott, die zweieinhalb Jahre der Kriegsführung sind ein beständiges Rätsel für mich – denn der Krieg begann längst vor dem Kriege. Die ganze Weltgeschichte erscheint mir wie ein grausiges und krauses Gewirre von Gold-, Silber- und schlechten Wollfäden, die einander durchqueren und einander stören. Willst Du mir nicht zeigen, was du mit diesem Gewirre vorhast? Denn ich möchte lernen, lernen, daß mir nicht das Herze darüber bricht und mein Leben darüber vergeht; lernen möchte ich, damit ich diene.

 Ich brauche die Ewigkeit, damit ich vielen Menschen, bei denen ich’s auf Erden an der Liebe, an der Fürbitte, an der Teilnahme, am Mitleid fehlen ließ, etwas erstatte. Wie viele Menschen haben