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Seite:Hermann von Bezzel - Der 3. Glaubensartikel.pdf/105

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Wenn ich nur einmal soviel mit wegnehme, daß es zu einem ehrlichen Begräbnis reicht, wenn ich nur einmal in Frieden diese Welt verlasse, dann soll mir jeder Weg recht sein. Der Christ hat eine doppelte Weise, auf der einen Seite Weltverachtung und auf der anderen Seelsorge für die Welt, auf der einen Seite sagt er zu Gut und Geld: „ihr seid mir noch lange nicht genug“, und auf der andern Seite sagt er: „wenn ich nur den Himmel krieg’, hab’ ich alles zur Genüg’!“ Und zwischen diesen beiden Worten, was vom Fleisch geboren ist und was vom Geist geboren ist, tritt der wunderbare, aus der Tiefe geborene Hymnus, den ich vorhin gebetet habe, den die Kirche am Dreifaltigkeitssonntag betete: „O welch eine Tiefe des Reichtums“, daß Er – und nun kommt die weiseste, wundersamste und seligste Tat – in diese Welt die heilige Kirche eingestiftet hat.

 Denn es genügt nicht, daß du vom Heiligen Geist berufen bist, daß du vom Heiligen Geist erleuchtet und gerecht gemacht bist, es genügt nicht, daß du allein selig wirst. Wenn du nicht deinen Bruder mitbringst, so wirst du auch nicht selig. Es ist nicht möglich, daß ein Mensch allein selig wird, es ist nicht denkbar, daß irgend einer von uns mit leeren Händen kommt und dann zu Gnaden angenommen wird, sondern der Herr spricht: „Wo ist dein Bruder Abel?“ (1. Mos. 4, 9.) Seht, wie es darauf ankommt! Nehmt es nicht zu leicht, nehmt es bitter ernst, daß ihr eine Seele, und wäre es die Seele des verkommensten Bettlers, rettet und heimbringt!

 Darum hat der Heilige Geist in diese Welt eine Gemeinschaft eingestiftet, und diese Gemeinschaft heißt Kirche. Wie wenig die Leute von der Kirche halten! Es hat mir neulich eine fromme Frau geschrieben: „Meine Töchter sind in ihrer Konfirmation mit Jesu in Verbindung getreten und mein Sohn mit der Kirche.“ Ich habe auf diesen Schlag in mein Gesicht nichts geantwortet, weil es mir wahrlich zu töricht war. Aber hört wohl, man kann,