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Seite:Hermann von Bezzel - Der 2. Glaubensartikel.pdf/89

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 Seht, meine Christen, das ist Gottes Not, die er überwand. Und nun ist noch eine Not Gottes, die der Prophet in ein kurzes Fragewort fügt: „wer glaubt unserer Predigt? Und wem wird der Arm des Herrn offenbart? (Jes. 53, 1.)“

 Es war vor wenigen Tagen, als ich im Mausoleum des Kaisers Friedrich und seiner englischen Gemahlin, und wiederum an der Grabstätte König Friedrich Wilhelms IV. und seiner erlauchten bayerischen Gemahlin stand. Das ist eine Predigt ohne Worte. Hier wie ein Geheimnis: der Hoffnung Armut. So prunkvoll und so herrlich, so sinnig und so zart das Mausoleum in der Friedenskirche in Potsdam sich erhebt, mit den wunderbarsten Farben, in Marmor und Gold, fein, rein und schön, und so mächtig die Pietà von Rietschel herüberwinkt auf die beiden Sarkophage des erlauchten Kaiserpaares, so wenig geht es durch den Raum wie Hoffnung. Und herüber in dieses einsame, in kaltem Prunk leuchtende Grabmal schaut jenes einsame Gemach, in dem der größte aller Preußenkönige sein Leben aushauchte, das letzte Gemach droben in Sanssouci. Die eine Grabstätte predigt der Hoffnung Armut. Und an den andern Gräbern steht in einfacher Ausführung mit schlichten, nüchternen Buchstaben: „Hier ruht im Glauben an seinen einigen Herrn, Hirten und Heiland weiland König Friedrich Wilhelm IV., der auf Verdienst Jesu Christi eine ewige Vergebung und eine selige Auferstehung erwartet.“ Und neben ihm seine fromme Gemahlin: „eins mit ihrem Gemahl im Glauben der Kirche wartet sie auf eine selige Auferstehung und freut sich im Frieden der Heimat“ – so ungefähr lauten die beiden Inschriften. Mitten zwischen diesen beiden Gegensätzen hat die Seele wieder das Gleichgewicht gefunden: „gestorben für unsere Sünde nach der Schrift“ (1. Kor. 15, 3) und begraben in die Schmach der Erde, damit er alle Suchenden zu sich ziehe und alle Gramverlorenen tröste und allen Heimatfernen die Heimat bereite.