englisch schneiden lassen, der Fatzke, der will was besonderes rausbeißen,“ meinte der Rat Schnödelkrum.
„Jetzt trägt die kleine Selma Suppenzapf einen Nerzpelz. Einen Nerz! Der fehlte der noch,“ kopfschüttelte Frau Bruthitz.
„Mitkriegen tut die auch keinen mehr, wenn sie sich noch so viele Straußenfedern auf den Hut macht,“ meinte Frau Mina Quellzisch und guckte sich nach Frieda Robbenzahm um.
So konstatierten flüsternd die feinsinnigen Bürger und Bürgerinnen und nickten im gleichen Augenblick den also Apostrophierten grüßend zu. Es waren feine, wohlerzogene Leute, die die Tradition liebten und jede Überraschung als taktlos verschrien.
Die Promenade galt ihnen als eine heilige Institution, deren Erhabenheit unantastbar dastand. Ein ernstes, würdevolles Hin und Her feierlicher Marionetten.
Toni Schamlos war ein Rüpel, ein richtiger Rüpel, alle Leute waren dieser Ansicht.
Eines Tages war er da gewesen. Niemand wußte so recht, woher er gekommen war und wovon er lebte. Er mußte sein Auskommen haben, denn er lebte nicht schlecht. Irgend jemand hatte in Erfahrung gebracht, daß sein Vater Regierungsrat und sein Bruder Leutnant war. Er war also ein Mensch, mit dem man verkehren konnte. Man wunderte sich sehr, daß er nirgendwo Besuche machte. Nicht bei Kommerzienrats, nicht bei Amtsrichters, bei Assessors und Doktors. Nirgendwo. Er lebte ganz für sich und kümmerte sich um niemand. Das verdroß die Bürger. Er hatte
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/090&oldid=- (Version vom 1.8.2018)