Ich gehe jetzt nicht mehr aus und nehme mir die Tracht der Papuas zum Vorbild. Ich liege in meinen drei Eisschränken und beobachte die mit Leim bestrichenen Patentfliegenfänger „Hurra! Hurra!“, bedenke, wie weise die Natur die fehlende Kühle durch um so größere Mengen von Fliegen und Mücken ersetzt und so die Menschen tunlichst davor bewahrt, durch die gräßliche Hitze beeinflußt, in dumpfes Dösen und eine tödliche Lethargie zu verfallen. Alles ist weise eingerichtet. Oja, oja!
Tante Fina ist gegen das geleimte Fliegenband gelaufen. Es klebte ihr im Gesicht fest. Es war schwer, das Band abzumachen. Aber mit Gewalt ging es ab, zwar auch ein Stückchen Backe. Tante Fina schrie schrecklich. Dabei klebten ihr noch vier Fliegen im Gesicht. Die sahen aus wie Rosinen in einem mürben Platz. Ich habe sie abgepolkt und wieder auf den Fliegenfänger geklebt.
Alle, die der Tante Fina geholfen, hatten klebrige Finger. Auch Sebastian. Er hat gleich darauf Klavier gespielt. Die Tasten sind ihm an den Fingern kleben geblieben, er war ein jähzorniger Mensch und hat die Tasten wie Wurzeln ausgerissen.
Der Fliegenleimstreifen hängt an der Lampe herunter. Ich stiere apathisch, wie die Fliegen so töricht sind und setzen sich auf den Streifen anstatt auf den Porzellanknopf der Hängelampe, wie einst. Die Backofentemperatur steigt, steigt. Ich denke mit einem gewissen Behagen in meinen Eisschränken daran, daß ich bei einem solchen Teufelswetter höchst ungern Heizer auf einem Dampfschiff oder Radrennfahrer sein möchte.
Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/204&oldid=- (Version vom 1.8.2018)