Dann schoß plötzlich ein Strahl Tinte, wie ein Springbrunnen, aus dem Suppenteller Abel mitten ins Gesicht. Abel riß den Halter aus der Tinte, der stöhnende Laute von sich gab.
Abel konnte einen Neger beschämen, aber er verlor nicht die Geduld, sich weiter mit dem Halter zu beschäftigen und ihn gebrauchsfähig zu machen. Ich bekam nichts mit von dem Tintenstrahl, hatte nur Tinte an den Fingern.
„Vielleicht hast du die Kapsel an der verkehrten Seite abgeschraubt?“ warf ich ein.
Stillschweigend schob Abel die abgenommene Kapsel auf und streifte die Kapsel am anderen Ende ab. Eine goldene Feder kam zum Vorschein, in die ein Röhrchen endigte. Das Ende mit der Feder mußte wagerecht in die Tinte getaucht werden. Abel tat es, machte am Messingknöpfchen pull out, put in, und gierig begann der Federhalter zu saugen. In wenigen Minuten war der Teller geleert. Man goß die zweite Flasche Tinte nach, die ebenso schnell im Halter verschwand. Als der letzte Tropfen aufgesogen war, begann der Federhalter in gräßlicher Weise zu knirschen und sich aufzublähen. Wir sandten Protuberanze weg, schleunigst noch zehn Flaschen Tinte zu holen.
Prompt saugte der Füllfederhalter auch dieses Quantum. Es war uns unerklärlich, wo die Tinte blieb. Erst nach der zwölften Flasche beruhigte sich der Halter ein wenig. Um immer gerüstet zu sein, bestellte ich auf den Rat von Abel in einer Tintenfabrik dreißig Hektoliterfässer Tinte.
Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/147&oldid=- (Version vom 1.8.2018)