Diese Fragen quälten ihn unausgesetzt und verwirrten sein Denken.
Schnaps ist unbedingt zur Festigung und Beruhigung aufgeregter Nerven, zur Stärkung des Selbstbewußtseins ein vorzügliches Mittel. Urplötzlich schoß dem Vater diese lichte Idee durch sein Hirn. Er trank am Bahnhofsbüfett einen Bitteren mit Rum. Seine Unruhe und sein Wankelmut verlangten aber eine fortgesetzte Behandlung. Er brachte es auf sechs große Schnäpse.
Nur der Güte und Langmut der Schaffner und des Bahnhofswirtes verdankte er es, daß er in den Zug kam. Er schlief bald ein. Er wäre weit über sein Ziel hinausgeschlafen, wenn ihn nicht wiederum gute Menschen, wie es Schaffner sind, am Orte seiner Bestimmung ausgeladen hätten.
Er war sehr im Unklaren über sich. Zunächst ging er mal, einem guten Instinkte folgend, an das Bahnhofsbüfett. Er trank drei Schnäpse.
„Beethoven, Beethoven,“ stieß es ihm auf. „Beethoven, Beethoven!“ Wie ein quälender Wurm unter der Schädeldecke stach ihn dieser Name. Mit schwerer Zunge sprach ihn der Vater.
Er wandte sich dem Kellner zu, einem apathischen Menschen mit blödem Gesicht, der schlecht zu hören schien und die Hände immer trichterförmig an die Ohren legte. Der Vater trat dicht an den Kellner heran und fragte ihn nach Beethoven. Der Kellner guckte gequält und verständnislos auf den Mund des Vaters.
Dann packte den Vater eine plötzliche Wut, und er schrie mit aller Kraft dem Kellner ins Gesicht: „Beethoven,
Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/120&oldid=- (Version vom 1.8.2018)