Manie, und in gewaltigen Sprüngen setzte er dem Hut des fremden Mannes nach. Seine Pelerine schlug sich bei dieser wilden Jagd um seinen Kopf. Er lief mit aller Kraft gegen eine Gaslaterne, daß die Laterne oben abbrach. Eine grün-blaue Beule war die Folge dieses Zusammenstoßes. Er befreite seinen Kopf von der Pelerine und rannte weiter dem fremden Hut nach. Tückisch verschlangen sich die Bänder der Pelerine um seine Beine. Er kam im vollen Lauf zu Fall und stieß sich mit dem Schienbein erheblich an dem granitenen Rand des Bürgersteiges. Sein eigener Hut wurde von der Windsbraut gleichfalls entführt. Er stieg wie ein Windvogel in die Luft und blieb an der Dachrinne eines Kirchturmes hängen. Was kümmerte ihn sein Hut? Sein gutes Herz gab ihm ein, zuerst den fremden Hut zu retten. Bald hatte er ihn erwischt, als im selben Moment ein dahersausendes Auto den Hut überfuhr und ihn in ein völlig zerfetztes Filzernes verwandelte. Es stach Aloys weh ins Herz, als er sah, daß seine Aufopferung vergeblich war. Traurig trottete er ohne Hut, mit der Beule als Kopfbedeckung, durch dieses Schweinewetter nach Hause.
Seine Bereitwilligkeit, aller Welt zu helfen, war sein Fluch und brachte ihn fortgesetzt in äußerst unangenehme und peinliche Situationen. Jeden Tag hatte er irgendeine kleinere oder größere Schererei durch seine Hilfsbereitschaft. Niemand dankte ihm; er war immer der Blamierte. Er sah nicht ein, daß der gute Mensch eben ganz und gar nicht mehr in unsere heutige Zeit paßt.
Aloys hatte einen Bekannten namens Oskar Knieß, ein krasser Egoist, der es nur darauf absah, den guten
Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/032&oldid=- (Version vom 1.8.2018)