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Seite:Heft32VereinGeschichteDresden1937.pdf/53

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Stunden währte das entzückte Ergießen meiner Thränen; ich konnte mich in den gewöhnlichen Zustand des Lebens lange nicht wieder hinein finden. Der Wirth im Dorf begriff meinen Zustand nicht, hielt mich wohl für einen unglücklichen, verarmten Menschen, und wollte für seinen Kaffee kein Geld nehmen, bis mein Zureden ihn dazu zwang. –

Nachher sah ich zu meiner großen Freude den Stufenberg[1], später die Roßtrappe, einsame Jagdhäuser und wie vieles, was meinen Sinn gefangen nahm. Nun leben Sie wohl, geliebte Freundin; Sie werden fühlen, warum ich Ihnen diese Bekenntnisse geschrieben habe. Ich bin also darüber beruhigt. Erhalten Sie mir Ihre Freundschaft, und so lange ich noch da bin, bin ich

Ihr wahrster, ergebenster Freund
L. Tieck.


XIV[2]
Aus einem Briefe an Tieck.

Ich glaube nicht ganz ohne Energie zu sein, allein zu jeder Wirkung einer Persönlichkeit gehört ein einigermaßen coincidirendes Element, worauf sie einwirke, und wenn wir, von dem individuellen Standpunkt abstrahirend, uns auf einen allgemeinen beziehen möchten, so komme ich dann freilich auf den faulen Fleck, der doch dem Ganzen mit zur Unterlage dient: es ist die Stellung der Frauen den Männern gegenüber. – Sonderbar: die Alten hatten im Bilde der Amazonen sogar die körperliche Gleichstellung der Kräfte in den Geschlechtern festgestellt (wie im Symbol der Minerva die geistigen). Wir jetzt sollen die Gleichstellung im Moralischen finden, und zwar noch mit dem Unterschiede, daß das Aequivalent für den Geist des Mannes im Herzen der Frau gegeben sei, und sie auf diese Weise das Gleichgewicht zueinander herstellen.

Wenn ich nun aber nicht nur mit den Waffen des Herzens, sondern auch des Geistes als Frau zu kämpfen im Stande wäre, so gehört dazu wieder ein Geist und ein Herz, worauf ich treffe – und hiermit bin ich abermals dem Ungefähr, der Ohnmacht und Schwäche preisgegeben, weil ich keine Macht habe, die mich im ganzen und großen unterstützt. – Mit einem Wort: Die Frau hat keine Autorität, weil sie keine Autorität ist. – Ich nehme hier das Wort in seiner eigen großen mystischen Bedeutung. – Der Begriff König – Herrscher – ist immer derivirt von dem der Autorität, gleichviel ob die Pietät für diese abgenommen hat oder nicht, er geht dennoch durch – dieser Begriff von Autorität – und zwar durch


  1. Tieck meint den mitunter auch Stufenberg genannten Stubenberg (281 m) südlich von Gernrode, einen der schönsten Aussichtspunkte am Ostrande des Unterharzes. Ebenfalls prächtige Aussicht bietet die Roßtrappe (403 m), 197 Meter über dem Bodetal.
  2. Aus Carus, Lebenserinnerungen IV, 126–128.