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Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/20

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nüchternen Geiste des Aufklärungs- wie des Biedermeier-Zeitalters zusammenstimmte und die dementsprechend J. G. Naumann so gut vertrat, wie nachmals C. G. Reißiger, der, im Gegensatz zu Weber und später Wagner, von dem eigentlichen Geisteswehen der Romantik innerlich unberührt blieb. Immerhin mag aber gerade diese Auffassung nicht wenig dazu beigetragen haben, Naumanns Wirken zu einem insofern für Dresden epochebildenden werden zu lassen, als ihm der künstlerische Wiederaufbau der Königlichen Kapelle nach deren in den Zeiten der furchtbaren Verarmung des Landes drohenden Zusammenbruch zu danken war.

In diesen Zeiten war der Hof zwar durch die Verhältnisse gezwungen worden, auf die Erhaltung einer italienischen Oper in eigner Regie zu verzichten und sich auf die von ihm subventionierten Theatergesellschaften zu beschränken, aber die traditionelle Musikliebe an ihm war lebendig geblieben, und die sich in ihr vollziehende Geschmackswandlung entsprach schließlich auch nur dem Zuge der Zeit, der Wendung vom Repräsentativen zum Intimen, vom Barock zum Rokoko. Die Pflege der Haus- und Kammermusik bezeugen u. a. die zahlreichen Klavierkompositionen der beiden an der katholischen Hofkirche angestellten Hoforganisten Peter August (gest. 1787) und Christlieb Sigismund Binder (gest. 1789)[1], von denen jener als Kapellknabe Zelenkas Schüler gewesen war. Der Sohn des gleichnamigen vertrauten Kammerdieners Augusts des Starken, den dieser als hilfloses Kalmückenkind mit Peter dem Großen auf der Jagd in den litauischen Wäldern gefunden, taufen und für seine Dienste auferziehen hatte lassen, war Peter August, der Musiklehrer der Kinder der Kurfürstin-Witwe Maria Antonia und trat namentlich zu ihrem ältesten Sohn, dem nachmaligen ersten König von Sachsen, Friedrich August, auch später noch als musikalischer Berater in nähere Beziehungen. Dieses Herrschers Gunst gehörte dann ganz der die Zeit beherrschenden Rokoko-Oper, d. h. der Opera buffa, und die weiche, süße Gesangesmelodik italienischer Prägung entsprach in der Kirchenmusik, der er immer zugetan blieb, ja in der er sich unter dem Beistand und dem nicht zu verkennenden Einfluß des nachmaligen Kapellmeisters Schuster sogar selbstschöpferisch versuchte[2], seinem besonderen Geschmack.

Für den Kirchendienst hatte nach Hasses Tod zunächst neben dem Kirchenkomponisten Schürer, für den auch fernerhin der Kapellmeisterposten unerreichbar blieb, der als Buffokomponist sich Ansehen erwerbende Domenico Fischietti (1765–1772) als Kapellmeister zur Verfügung gestanden. Alsdann hatten sich mit Schürer


  1. Proben im 4. Band der „Musik am sächsischen Hofe“. Binders ältester Sohn August folgte ihm nach seinem Tode im Amt.
  2. Das Magnifikat aus der „Königlichen Vesper“ und das überliefertermaßen bei den Beisetzungsfeierlichkeiten verstorbener Mitglieder des Königshauses aufgeführte Salve Regina im III. Band der Musik am sächsischen Hofe.