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Seite:Heft29VereinGeschichteDresden1921.djvu/17

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zeigt sich in noch höherem Grade als in jener in dieser, also in den Oratorien[1]. Als neben der D-Moll-Messe, die mit ihrem solennen Gloria als ein Muster des Barockstils auf kirchenmusikalischem Gebiete angesprochen werden darf, und neben dem Tedeum bedeutungsvollstes größeres kirchenmusikalisches Werk dürfte jedenfalls das Requiem in C-Dur namhaft zu machen sein, das sein Schöpfer im Jahre 1763 zur Totenfeier Augusts III. geschrieben haben soll und das jedenfalls bei den feierlichen Exequien am 22. November unter seiner Leitung zum ersten Male, dann bis über die Mitte des vorigen Jahrhunderts hinaus alljährlich am 5. Oktober, dem Todestage dieses Fürsten, als des Stifters der Kirche, aufgeführt wurde. Daß Hasses Künstlertum eines tragischen Zuges nicht entbehrte, darf im Hinblick auf das oben Gesagte allerdings auch nicht unerwähnt bleiben, es lag begründet in der Abhängigkeit des Meisters von dem persönlichen Geschmack seines Herrn und in den Fesseln, die ihm der ängstlich zu hütende Sängerinnenruhm seiner Gattin Faustina, geb. Bordoni, nicht selten auferlegt haben mag.

Das Ansehen nun, das Hasse in seiner Zeit genoß, war ganz außerordentlich. Der Ruf der Dresdner Kapelle und Oper wurde durch sein glänzendes Musikertum wie seine organisatorische Begabung ein europäischer, und sein Komponistenruhm war so festbegründet, daß ein J. A. Hiller noch an der Jahrhundertwende allen Ernstes behauptete, wenn jemals die Opern Hasses nicht mehr entzücken sollten, müßte die allgemeine Barbarei hereinbrechen. Dabei war gerade für seine Dresdner Stellung aber auch seine Bedeutung als oberster Leiter der gottesdienstlichen Musiken, wie als Kirchenkomponist kaum weniger wichtig; denn das Interesse für beides war zum mindesten bei der Königin-Kurfürstin Maria Josepha außerordentlich rege. Die enge Verbindung nämlich, in die auf diese Weise Oper und Kirche traten, war für die gottesdienstlichen Musiken insofern sogar von besonderem Vorteil, als von nun an für den Gesang außer den Chorknaben auch zum Kapelletat gehörige Sänger für die Chor- und Sologesänge dauernd zur Verfügung standen, für die letzteren besonders auch gefeierte Vertreter der Sopran- und Altpartien (Kastraten). Aus einem der das kurfürstliche Orchester usw. betr. Aktenstücke (vom Jahre 1779, 26. Februar) geht hervor, daß man, wenn die Musik in einem „so großen Gebäude“ ihre Wirkung verrichten solle,


  1. Proben geistlicher Musik von Hasse in „Musik am sächsischen Hofe“: 1. Band (Tedeum), 2. Band Hasse-Album: Ouvertüre z. Oratorium „I Pellegrini“, Domine Deus a. D-Moll-Messe, Chor a. Oratorium „La conversione di Sant’ Agostino“, Dies irae und Recordare Jesu a. Requiem in C-Dur); sämtlich in der Klavierübertragung. Ferner: 7. u. 8. Band Ausgewählte geistliche Gesänge (Arien usw.) für Sopran und Alt mit Klavier-(Orgel-)Begleitung. Das Tedeum und das dazu gehörige schöne Regina Coeli erschien vierhändig (Burckhardt) bei Ad. Brauer, Dresden. In einer Missa intiera (d. h. vollständigen) in F-Dur ragt ein vierstimmiger Et incarnatus und Crucifixus hervor.