Zum Inhalt springen

Seite:Heft21VereinGeschichteDresden1909.djvu/129

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Die alten Zustände waren auch im Dorfe selbst im Weichen. 1870 war in der Kirchfahrt zu Übigau ein großes Barackenlager für die französischen Gefangenen errichtet worden. Die Nähe dieses Lagers und der Umstand, daß ein starker Teil der Barackenwache ständig in Kaditz lag, brachte die alte dörfliche Einfachheit des Gasthofs ins Wanken.

Die Zeit, wo seitens der Gemeinde (1839) nachgesucht worden war, unter Aufsicht der Gerichtspersonen zu Fastnachten, den drei hohen Festen, dem Ernte- und Kirchweihfeste in den Bauerstuben Tanzmusik halten zu dürfen[1], war längst überwunden. Der Gasthof war 1853 erbaut[2] und mit ihm auch die alte Geselligkeit, die sich früher in den Höfen selbst beholfen hatte, auf andre Bahnen gebracht worden. Das Gesinde hatte sich früher auch auf dem Dorffrieden vergnügt, auf alten Wagenrädern hatte man sich dort geschwungen und gedreht, an den hohen Festtagen waren die Knechte und Mägde (die Mägde in Reihen) in die Nachbarschaft, in die Lößnitz und bis nach Dresden gezogen. 1876 wurde eine Schankstelle in dem jungen Ortsteil Neu-Kaditz errichtet.

Zugleich waren in der Bewirtschaftung der Ortsflur große Veränderungen vor sich gegangen. Die Neuzeit hatte hier bereits weit zurück im 18. Jahrhundert eingesetzt. 1771 brach in Sachsen eine Hungersnot aus, welche tiefgreifende Folgen hatte. Eine Reihe Verwaltungsmaßregeln entsprangen dem Bestreben, ähnlichen Erscheinungen in Zukunft vorzubeugen; einige von den Schritten, welche die Regierung der allgemeinen Not gegenüber damals tat, sind der fast vergessene Anfang neuzeitlicher Einrichtungen[3]. Die Landwirtschaft des Elbtals empfing den entscheidenden Anstoß, von der alten Dreifelderwirtschaft zu einer höheren Stufe fortzuschreiten. Um 1800 ist zu Kaditz, wie die Pachtverträge des Pfarrguts zeigen, nicht mehr der dreifache, sondern der sechsfache Wechsel gebräuchlich, gleichzeitig haben die Dörfer den Übergang zum Kartoffelbau vollzogen. 1785 wurden zu Kötzschenbroda und, wie sich aus andern Nachrichten schließen läßt, auch zu Kaditz Kartoffeln erbaut[4].


  1. Gemeinderatsprotokolle, RA. D.
  2. F.A. XXXII, Amt Dresden 180f, Bl. 115.
  3. Es sei hier an die Einführung des Papiergelds erinnert.
  4. DG. 1900. Nach Heydenreich, Leubnitz, S. 78, bestand der Kartoffelbau im Elbtal seit 1776.