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Seite:Heft03VereinGeschichteDresden1880.pdf/120

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Besitz von Reisewitz, das russische Scharfschützen besetzt hielten. Besonders hatten sich diese in den beiden, jetzt dem Kesselschmied Böhme, früher Ludwig gehörigen Pavillons und in dem Gange festgesetzt, der damals beide verband und auf der Außenseite durch eine etwa 1 reichlichen Meter hohe Mauer begrenzt war. Als die Franzosen sahen, daß sie lediglich mit den Gewehren die Russen aus der eingenommenen vortheilhaften Position nicht vertreiben könnten, wurde von ihnen in der Nähe eine Kanone aufgefahren und mit Feuerkugeln die feindliche Stellung beschossen. Jetzt hielt sich auch der Wirth Baumann in seinen von den furchtbaren Geschossen fast ununterbrochen getroffenen Gebäuden nicht mehr sicher und suchte, nachdem er schon den 11. Octbr. Frau und Kinder in der nahen Residenz in Sicherheit gebracht, ebenfalls sein Heil in der Flucht. Diese gestaltete sich wegen der überall aufgestellten Truppen zu einer sehr schwierigen, doch gelang es schließlich, in den Plauischen Grund und nach Döltzschen zu entkommen, wo man den Gang des Gefechts gefahrlos verfolgen, aber auch bemerken konnte, daß Reisewitz, durch französische Kugeln entzündet, in Flammen aufging. Am Nachmittag gegen 4 Uhr zogen sich die Russen zurück, weil sie ihren Zweck, Wittgenstein's Uebergang über die Unterelbe zu maskiren, erreicht hatten, und nun wagte sich Baumann am nächsten Tage in seine Behausung, um zu sehen, in welchem Zustande sie sich befand. Plauen selbst hatte durch die Kämpfe des vorigen Tages fast gar nicht gelitten, aber von Reisewitz lagen die sämtlichen Oeconomiegebäude in Asche, und die Trümmer der am vorhergehenden Abend von den Franzosen muthwillig angezündeten hölzernen Brücke am vorderen Eingange schwammen, zum Theil noch brennend und rauchend, in der Weißritz umher.

Die noch vorhandenen einzelnen Möbelstücke wurden schleunigst nach der Stadt übergeführt, alle sonstigen Dinge aber, die das Wasser nicht verderben konnte, wie Porzellan, Steingut, Glaswaaren, in die Keller geschafft, die Baumann mittelst einer eigenthümlichen und nur ihm bekannten Vorrichtung beinahe 2 Meter hoch unter Wasser setzte, um sie vor Raub zu schützen[1]. Als er Mitte Novbr., nachdem Dresden den 11. des genannten Monats capitulirt hatte und von Oesterreichern und Russen besetzt worden war, wieder nach Reisewitz zurückkehrte, fand er hier alles in einem trostlosen Zustande, und zwar selbst im Keller. Um den Franzosen in Dresden das Röhrwasser zu entziehen, war von den Russen das obere Plauische Röhrwasser abgeschlagen worden; infolge dessen hatte sich auch das im Keller befindliche Wasser, weil es ohne Zufluß blieb, verlaufen. Unbekannte mußten in den trocken gewordenen Raum eingedrungen sein, denn viele der dort versteckten Gegenstände waren geraubt, und Porzellan, Steingut und Glas lagen in Scherben da. Ueberhaupt stand der Raub damals wieder in Blüte,

  1. Baumann, S. 110-118.