Thätigkeit lenken, die, wie die schon erwähnte, auch nur einen Theil der Zöglinge beschäftigte, wir meinen das öffentliche Singen. Dadurch erwarben sich die Chorschüler zum Theil ihren Unterhalt. Von ihrer Mitwirkung bei Hochzeiten, Kindtaufen und anderen Familienfesten läßt sich kaum etwas sagen, und von ihren wöchentlich zweimal stattfindenden Singumgängen höchstens soviel, daß dieselben neben anderen Zwecken auch dazu dienten, die Leute mit gewissen schwierigen Melodien bekannt zu machen, die an Sonn- und Festtagen beim Gottesdienste zuweilen gesungen wurden. Aus diesem Grunde sangen die Currendaner beim 2. Reformationsjubiläum 1717 schon 4 Wochen vor dem Feste bei ihren Umgängen die Lieder, welche durch die Kircheninspection für die Feier festgesetzt worden waren.[1]
Die Hauptthätigkeit der Chorschüler bestand neben der Besorgung des Gottesdienstes im Singen bei den öffentlichen Begräbnissen oder sogenannten Schulleichen, die den Gegensatz zu den stillen oder Beisetzleichen bildeten, und nach dem Kostenbetrage in halbe, ganze und doppelte zerfielen. Die halben Schulleichen, bei welchen sich nur die Hälfte der Chorknaben nebst dem Cantor und Tertius betheiligten, durften stets nur früh 9 Uhr stattfinden und hießen deshalb auch Frühleichen; die ganzen Schulleichen dagegen, welche von dem vollen Chore und sämmtlichen Lehrern der Schule begleitet wurden, konnten in der Woche wegen des Schulunterrichts nur Mittags 12 Uhr, Sonntags wegen des Katechismusexamens erst um 2 Uhr abgehen. – Starb ein Schüler, so gaben ihm sämmtliche Zöglinge der Anstalt nebst den Lehrern das letzte Geleit; auch existirte hierbei, wenigstens noch im 17. Jahrhunderte der jedenfalls aus älterer Zeit überkommene Gebrauch, daß diejenigen Knaben, welche dem Verstorbenen besonders nahe gestanden, ihm kleine schwarze Kreuze nach dem Begräbnisse aufs Grab steckten.[2]
Wahrscheinlich wurde die häufige Betheiligung der Chorschüler bei Beerdigungen die Veranlassung zu der Bestimmung, für alle eine zweckentsprechende gleichartige Kleidung einzuführen. Diese bestand in einem schwarzen Anzuge nebst Mantel von derselben Farbe; außerdem trug jeder Currendaner eine dicke, runde Perrücke. –
Adolf Hantzsch: Geschichte der Neustädter Realschule in Dresden. i. A. des Verein für Geschichte und Topographie Dresdens und seiner Umgebung, Dresden 1875, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft02VereinGeschichteDresden1875.pdf/36&oldid=- (Version vom 28.6.2023)