Sammlung dort zu veranstalten. Hoffentlich findet sich auch im Lande noch ein und der andere Erzaehler, aus dessen Munde man die Ueberlieferung aufschreiben und ohne Zuthat ordnen kan. Waeren nur erst die Mabinogion gedruckt und in einer engl. Uebersetzung zugaenglich gemacht! wie sehr ist der Verlust der Handschrift von William Owen zu bedauern! Sollte denn kein anderer im Stande seyn, diese Lücke auszufüllen? Für die altgaelische Ueberlieferung wäre dann gesorgt und so reichhaltig diese seyn mag, uns liegt die Angelsaechsische naeher und für diese ist noch nichts geschehen. Beide Quellen, die sich auch wohl vermischt haben, müßten wohl gefaßt werden. Ihre Ubersetzung ist treu und liest sich gut. Sie haben hier und da etwas abgeschnitten, oder eine Kleinigkeit geaendert, das ist bei dem Zweck, den Sie im Auge haben, natürlich und kann auch, da der Stoff einmal gesichert ist, weiter keinen Nachtheil haben. Bei dem Auffaßen der Sage selbst, ist aber jede kritische Berührung schaedlich und verletzt irgend einen kleinen Zweig oder ein noch lebendiges Auge der Pflanze; auch sollte es nicht schwer fallen, die Lesearten des Originals zu vertheidigen. Die zugegebenen Kupfer sind ein eigener Vorzug Ihres Buches. Sie sind leicht und geistreich gearbeitet und dem Gegenstand angemessen. Bei uns wüßten wir in diesem Augenblick keinen Künstler, der ein aehnliches Geschick besaeße, dagegen hatte es der verstorbene Chodowiecki in Berlin in hohem Grade. Nur haetten wir gewünscht, daß Sie auch das Bild der Frau Viehmaennin, vor dem zweiten Bande, das an sich einen angenehmen Eindruck macht, Ihren Lesern mitgetheilt haetten. Sie haetten wohl gerne das Gesicht einer so klugen deutschen Baeuerin einmal angesehen.
Vielleicht ist Ihnen auch unsere Sammlung von „Deutschen Sagen“ zu Gesicht gekommen, von welcher zwei Baende in Berlin erschienen sind, welchen noch ein dritter folgen sollte. In Daenemark hat Herr Thiele etwas aehnliches mit Erfolg unternommen: sollte nicht auch in England etwas der Art können zu Stande gebracht werden? Haetten Sie nicht Lust dabei thaetig zu seyn und würde nicht unsere Sammlung anregend wirken, wenn Sie eine Probe daraus durch Übersetzung bekannt machten?
Für die beigelegte Sammlung von Kinderliedern sind wir Ihnen sehr verbunden; durch Ihre Zusaetze und Verbesserungen hat sie einen doppelten Werth erhalten. Sie war uns unbekannt und wir haben manches darin gefunden, was auch bei uns üblich ist, aber auch manches eigenthümliche und hübsche Stück.
Von einer Übersetzung des plattd. Reinecke Voss ins Englische durch Hn. Soltau haben wir nichts gehört, auch in keinem litterarischen Blatte etwas gelesen. Vermuthlich beruht die Angabe auf einem Irrthum, indem Soltau den plattdeutschen Reinecke (nicht Göthes Bearbeitung) ins hochdeutsche übersetzt hat; aber schon vor längerer Zeit. (1802)
Sie fragen noch in der Nachschrift was Herr Korbes in den Maerchen bedeute? Es heißt nichts mehr, als etwa Knecht Ruprecht,
Otto Hartwig: Zur ersten englischen Übersetzung der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Otto Harrassowitz, Leipzig 1898, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hartwig_Uebersetzung_Maerchen_Grimm.djvu/8&oldid=- (Version vom 1.8.2018)