Ihnen nur eines von Walthers v. d. Vogelweide Liedern in einem Troubadour nachzuweisen. – Wenn Sie von der Parteylichkeit, die sich für Hadloup’s oft rohe und mittelmäßige Lieder zu zeigen scheint, einen Grund hernehmen, um die Maneß als die Urheber der jetzt in Paris befindlichen Sammlung anzusehen, so muß ich gestehen, daß dieser Grund so scharfsinnig aufgefunden ist, daß er mich wirklich in meinem Glauben etwas irre machte. Indessen scheinen mir doch immer noch Freher’s Briefe für meine Meinung zu entscheiden. – Es freut mich außerordentlich, daß Sie einen 2 Th. der Hausmärchen heraus geben. Diese Erzählungen gefallen mir in Ihrer Uebersetzung noch besser als im Deutschen; sie klingen kindlicher, naiver, gläubiger. Der Verfasser der „Irish legends“ und vollends Mr. Stewart haben viel von Ihnen zu lernen. – Der 2. Theil der Grammatik von Jacob Grimm ist fertig; das Buch bleibt für Jahrhunderte eine Meisterarbeit einzig in seiner Art. Möchte es doch einen Gelehrten in England wecken, darnach das Angelsaechsische zu studieren, und, so ausgerüstet, die noch in Ihren Bibliotheken versteckt liegenden Denkmahle dieser Sprache aufzusuchen und bekannt zu machen! – Wenn Sie meinen alten Freund Dr. Jardine sehen, so grüßen Sie ihn von mir, und sagen Sie ihm, ich rechne darauf, daß er bald nach Goettingen kommen und Sie mitbringen werde.
[Für die Mühe, die Sie Sich wegen der Handschr. von Junius gegeben haben, bin ich Ihnen unendlich verpflichtet. Daß die sogenannten frischen Hymnen in dem fol. Ms. pergamen. Nº 25 noch vorhanden sind, freut mich unaussprechlich. Ich muß sie haben, und zwar je eher je lieber. Sagen Sie also Hn. Francis Palgrave, daß ich ihn bey dem Worte nehme, und fest darauf rechne, daß er, „next Easter-manod“, wie er zu versprechen die Güte hatte, eine möglichst treue Abschrift für mich besorgen werde. Ich werde mit der größten Dankbarkeit die Kosten der Abschrift ersetzen, und wünschte sehr, wenn es nicht zu viel Umstände macht, auch ein Facsimile von einigen Zeilen zu erhalten. Damit ich alles auf dem sichersten Wege erhalte, so bitte ich Hn. Palgrave, das Packet, mit der Aufschrift „To Hofrath Benecke, for the library of the University of Goettingen“ an Sir Lewis Moeller oder an Dr. Noehden, British Museum, zu übergeben; denn meine Absicht ist, diese Hymnen auf unserer Universitaets-Bibliothek niederzulegen, und zugleich Ihre und Hn. Palgrave’s Verdienste um diese alten Denkmahle zu verewigen.]
Ich mache meinen gütigen Freunden allerdings sehr viel Mühe; aber die Sache liegt mir zu sehr am Herzen, als daß ich mich nicht über alle Bedenklichkeiten hinweg setzen sollte. Ich werde mich glücklich schätzen, wenn Sie mir Gelegenheit geben, Ihnen durch mehr als Worte die dankbare Ergebenheit zu beweisen, mit welcher ich die Ehre habe zu seyn
Otto Hartwig: Zur ersten englischen Übersetzung der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Otto Harrassowitz, Leipzig 1898, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hartwig_Uebersetzung_Maerchen_Grimm.djvu/16&oldid=- (Version vom 1.8.2018)