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Seite:HansBrassTagebuch 1947-10-06 001.jpg

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teils aus polnischer Schlamperei, teils weil sie nicht glauben, daß das Land östlich der Neiße u. Schlesien dauernd bei Polen bleiben wird. Sie wollen Lemberg wieder haben u. wissen mit Breslau nichts anzufangen. Sie haben einen großen Haß auf Rußland, außer den Kommunisten natürlich, die aber in der Minderzahl sind, obgleich sie herrschen. P. Konrad erzählt aber auch, daß sie die polnische Geistlichkeit als überaus minderwertig erwiesen habe u. noch erweise u. er sehr traurige Erfahrungen gemacht habe. – Er sah sich später meine Bilder an, die ihm aber offenbar so neu waren, daß er ziemlich hilflos davor stand. –

     Abends waren wir bei Grantz zum Abendessen. Carmen Grantz in langem, schwarzem Kleide u. einem silbernen Schmuck im Haar, er in der gewöhnlichen Kleidung, nur daß er ein weißseidenes Hemd trug. Ich unterhielt mich vor dem Essen sehr gut mit ihm, später zum Essen (Kartoffelklöße mit Tomatensoße) kam Carmen u. die alte Mutter u. das Gespräch wurde dann natürlich allgemeiner u. flacher. Er hat einen bemerkenswert schönen Plan von Hamburg gezeichnet u. dazu umfangreiche Studien gemacht. Er ist ein wirklich hervorragender Architekturzeichner. – Es war recht nett, aber der Weg ist für mich zu anstrengend.

Montag, 6. Oktober 1947.     

     Habe mir aus einer alten, dicken Sperrholz-Schranktür das Holz von Papenhagen zurechtschneiden lassen für das am Sonnabend entworfene Stilleben u. habe das Bild heute untermalt. Es verspricht, sehr hübsch zu werden.

     Von William Wauer wieder einen langen, ausführlichen Brief. Der Mann gibt sich die größte Mühe, mich an sich zu ziehen, er muß wohl über mich gehört haben. Er nimmt den Mund ziemlich voll, um seine Bedeutung im Kunstleben Berlins zu unterstreichen. Die Transportschwierigkeiten hält er für überwindbar, er meint, daß er das schon machen könne, wenn ich ihm ca. 100 Bilder schicken könnte. Das ist zum Lachen, ich habe noch nicht fünfzig. Vor allem aber habe ich nicht die geringste Lust dazu.

     An Dr. Kunze geschrieben u. ihm meine Ansicht über Fritzens Krankheit dargelegt. Von Fritz ein Brief aus Schwerin, wo er bei Riemschneiders übernachtet hat. Frau Dr. R. rät mir sehr zu, in Güstrow im Theaterfoyer auszustellen. Das täte ich gern.

     Abends im Rundfunk wurde bekannt, daß die kommunistische Internationale, die im Jahre 1943 während des Krieges von Stalin aufgelöst wurde, sich wieder neu gegründet hat. Die Fronten formieren sich. Es mutet an wie eine Kriegserklärung Rußlands an Amerika. u. das im gegenwärtigen Augenblick, wo man der Londoner Außenminister-Konferenz entgegensieht, die am 25. November beginnen soll.

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1947-10-05. , 1947, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1947-10-06_001.jpg&oldid=- (Version vom 8.3.2025)