Das Bild „Verblühte Salvie“ habe ich nochmals vorgenommen u. es weiter durchzuführen. Es war zu sehr im Naturalismus stecken geblieben.
Schönes Herbstwetter.
P. Pius Longard sandte aus Maria Laach einige Sterbezettel zum Tode seiner Mutter. Sein Brief enthält auch einen handschriftlichen Gruß von P. Theodor Bogler, der Prior ist.
Hans Wendt sandte mir ein Exemplar der mir bisher unbekannten Zeitung „Die Zeit“, in dem ein Aufsatz „Bild des modernen Künstlers“ von Werner Haftmann enthalten ist. Dieser Aufsatz ist in der Tat sehr gut. Es wird da darauf hingewiesen, daß das Verhalten des Künstlers zum Religiösen durch seinen Individualismus charakterisiert wird, durch seine Ich=Bezogenheit. Natürlich erst seit der Renaissance. Das Ich in seiner Selbstbezogenheit ist nach Pascal „hassenswert,“ denn es liegt darin eine latente hochmütige Rebellion gegen Gott. Von Barlach las ich gerade vor einigen Tagen den Ausspruch, daß die Persönlichkeit eine „Falle“ sei, in der der Künstler stecke. Um der Gefahr zu entgehen, die in diesem Selbstbewußtsein liegt, gehört ein starker, kindlicher Glaube u. die Bereitschaft, dieses Ich=Bewußtsein u. seine Selbstgerechtigkeit aufzugeben. –
Es ist dann weiter die Rede von der der modernen Kunst innewohnenden Hermetik u. der Beziehungslosigkeit des Künstlers zum Volksganzen. Es wird klar ausgesprochen, daß das garnicht anders sein kann u. daß die Forderung nach einer „volksverbundenen Kunst“ eben ein Unsinn ist. – Der Artikel schürft sehr tief u. ist sehr wertvoll.
Doddy u. seine Mutter sind wieder da. Doddy hat heute Fritz den Hergang der Dinge erzählt. Danach ist er also von der Sekretärin Bechers u. noch jemandem denunziert worden u. der Kurdirektor Karstens hat darum gewußt. Dieser Herr Karsten hat darauf Doddy gewarnt u. hat ihm geraten, sofort zu fliehen. Herr K. steht in geheimnisvoller Verbindung zu einem Herrn Heyer, der das Haus Longard kaufen wollte, woraus aber nichts wurde, da Dr. L. Mißtrauen gegen Herrn H. hegte, denn irgendetwas stimmte da nicht, Karsten wollte ursprünglich das Haus Longard selbst kaufen, was merkwürdig war für einen jungen Mann von 24 Jahren ohne Beruf. Später tauchte Herr Heyer auf, den Karsten hier erst kennen lernte, ihn aber gleichwohl sehr bald „Onkel“ nannte. Herr Heyer wollte Herrn K. im Hause Longard einsetzen. – Nun, das alles waren dunkle Geschäfte, aus denen dann nichts wurde. Jetzt nun waren die Herren Karsten = Heyer scharf auf das Haus Kahlig, die „Gute Laune“, das Haus der Mutter Doddys. Der Plan war nun so: Doddy sollte bei den Russen angezeigt u. dadurch unter Druck gesetzt werden. Karsten sollte dann als guter Freund auftreten u. sollte Doddy warnen. Man rechnete damit, daß Doddy mit seiner Mutter nach Berlin fliehen würden, wo sie in den engl. Zone eine Wohnung haben, um sich der Verhaftung zu entziehen. Herr K. wäre dann nach Berlin gefahren u. hätte Doddy klar gemacht, daß er
Hans Brass: TBHB 1947-09-26. , 1947, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1947-09-26_001.jpg&oldid=- (Version vom 16.2.2025)