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Seite:HansBrassTagebuch 1947-08-24 001.jpg

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des Kursus die Politik stark in den Vordergrund gerückt wird. – Prof. Gadamer äußerte sich über Herrn Abusch sehr abfällig. Er sagte mir, daß er wenn er öffentlich sprechen müsse, dies niemals ohne Stenogramm tue, da er bereits selbst die Erfahrung gemacht habe, daß ihm das Wort im Munde rumgedreht würde.

     Sehr gespannt bin ich, was Kleinschmidt u. Sandberg zu diesem neuen Boykott sagen.

     Abends war der Fotograf Toelle da, der mir beim Arrangement der Bilder zum morgigen Vortrag helfen wollte u. der sehr erstaunt war, zu hören, daß alles abgesagt worden ist. Er meint, daß diese Veranstaltung allgemein bekannt geworden sei u. daß niemand etwas von der Absage wußte. Die Leute werden also morgen wohl alle vor verschlossene Türe kommen.

Sonntag, 24. August 1947.     

     Um 9 Uhr hatten wir wieder im Kaffee Musikzimmer hl. Messe. Als wir zurück kamen, erzählte Fritz, Prof. Resch sei dagewesen, um zu sagen, daß die Veranstaltung in meiner Ausstellung trotzdem stattfinden solle. Es würden zwar die eingeladenen hohen Gäste nicht kommen, dafür aber alle Teilnehmer des Referentenkursus u. sehr viele andere Menschen, die alle mit Spannung auf dieses Ereignis warteten. Den Vortrag müßte ich eben selber halten. Da heute Regenwetter ist, war mit einer starken Teilnahme zu rechnen.

     Während wir frühstückten, kam Kleinschmidt. Er war sehr erregt u. sagte, der gestrige Abend u. die Nacht seien für ihn voll stärkster Erregungen gewesen. Becher habe Weisenborn gezwungen, von der Veranstaltung zurückzutreten mit dem Hinweis, daß der Verlag des Ulenspiegel nicht in der russischen, sondern in der amerikanischen Zone lizensiert sei man würde, dem Verlag im Weigerungsfalle große Schwierigkeiten bereiten.

     Nachdem man Weisenborn auf diese Weise unter Druck gesetzt hat, habe Kleinschmidt gefragt, ob denn gegen mich der Verdacht vorläge, daß ich Faschist sei oder sonst gegen die bestehenden politischen Verhältnisse konspiriere. Dies wurde von Becher verneint. Also habe Kleinschmidt festgestellt, daß diese ganze Hetze gegen mich nicht gegen meine Person, sondern gegen mein Werk ginge. Dies aber stehe im Widerspruch zu der zwei Tage vorher im Falle Ernst Jünger ausgesprochenen Ansicht Bechers, daß er zwar gegen die Person Jüngers sei, nicht aber gegen dessen Werk u. daß man also dieses Werk unangetastet lassen müsse. Jetzt tat Herr B. das Gegenteil. Des Rätsels Lösung liegt nach Kleinschm. Ansicht in einem früheren Ausspruch, nach dem Herr B. u. andere Leute Kleinschmidt u. Rienäcker den Vorwurf gemacht haben, daß sie beide die Schuld hätten, daß die BuStu. heute nicht schon im Besitze des Kulturbundes sei. Meine angeblich russenfeindliche Bemerkung in Verbindung mit jener Schwarzhandel=Affäre wäre ein vorzüglicher Anlaß gewesen, die BuStu. in den Besitz des Kulturbundes zu bringen, nur Kleinschmidt u. Rienäcker hätten dies verhindert. Kleinschmidt sagte mir, daß es überhaupt garnicht darauf ankomme, welche politische Gesinnung jemand hat, sondern nur darauf ob einer ein Haus u. ein gut gehendes Geschäftsunternehmen hat.

     Es muß zwischen Kleinschmidt u. Becher zu sehr

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Hans Brass: TBHB 1947-08-23. , 1947, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1947-08-24_001.jpg&oldid=- (Version vom 9.2.2025)