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Seite:HansBrassTagebuch 1947-03-12 001.jpg

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mit seiner Schwester in einem Zimmer des Hauses Gerresheim u. man sagte, daß die beiden furchtbar dreckig u. schluderig seien. Herr Degner war bei mir u. bat mich, die Beerdigung zu machen, da der Mann katholisch war. Man will die Leiche in das Haus am Meer bringen, das jetzt ja wieder ganz leer steht, denn bei Gerresheim kann sie nicht gut bleiben. Ich sagte zu, am Donnerstag um 3 Uhr nachm. die Beerdigung vorzunehmen, da es völlig ausgeschlossen ist, daß P. Beckmann dazu hierher kommen kann, der Weg ist nach dem, was Fritz sagt, nach wie vor fast unpassierbar. Ich habe aber unserer Frau Hanschuch aufgetragen, heute abend bei Dr. Thron in Ribnitz anzurufen, daß dieser P. B. wenigstens informiert.

     Am Nachmittag war die Schwester dieses Franz Anders bei mir. Sie sieht in der Tat überaus dreckig u. schluderig aus, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, daß sie z. Zt. eine Blulvergiftung an der linken Hand hat, weshalb sie in ärztlicher Behandlung ist. Die Hand kann sie nicht gebrauchen u. das mag den Dreck einigermaßen entschuldigen. Aber diese, etwa 40 jährige Frau hat ein höchst interessantes Gesicht mit fast edlen Zügen. Es scheint aber so, als wäre sie mit ihrem Verstande nicht ganz beieinander. Es scheint, als wäre sie eine gottergebene Person, die sich über nichts beklagt u. alles hinnimmt, wie Gott es schickt.

Mittwoch, 12. März 1947.     

     Die Witterung ähnlich wie gestern, in der Nacht jedoch wieder verstärkter Frost. Tagsüber schöner Sonnenschein, im Schatten jedoch 1° Kälte. Der Nordwestdeutsche Rundfunk, der am Montag einen Witterungsumschwung vorausgesagt hatte, erklärt heute sehr kleinlaut, daß mit einer Wetteränderung vorerst nicht zu rechnen sei.

Donnerstag, 13. März 1947.     

     Nachmittags 3 Uhr Beerdigung des Franz Anders. Es war heute wieder recht kalt, bedeckter Himmel u. scharfer Nord-Ost. Zur Beerdigung waren ziemlich viele Sudetendeutsche gekommen, darunter auch viele Männer, sonst auch Herr + Frau Degner u. Bürgermstr. Schröter, was wirklich sehr anerkennenswert ist. Ich sprach den Psalm 129 u. nachher Psalm 50 u. hielt eine kurze Ansprache aus dem Stegreif. Während ich sprach, begann es draußen zu schneien. Ich hielt die Feier in Anbetracht der Kälte möglichst kurz. Der Sarg wurde dann von den Trägern zum Friedhof getragen durch den hohen Schnee bei starkem Schneetreiben. Am offenen Grabe segnete ich noch die Gruft u. sprach das Salve regina. –

     Es schneite u. wehte dann weiter bis zum Abend. Aus dem Rundfunk erfuhr ich, daß in der Westzone Tauwetter eingetreten ist, sodaß auch für uns morgen solches erwartet werden kann. Der Matsch wird dann unvorstellbar werden. Am kommenden Sonntag wollte P. Beckmann hier Gottesdienst halten, woran aber nicht zu denken ist, mag es nun weiter frieren oder tauen, die Wege sind in jedem Falle unpassierbar.

     Hochinteressant ist eine entschiedene Kursänderung der amerikanischen Außenpolitik, die heute in Rundfunk zum ersten Male erkennbar wurde. Diese besteht

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Hans Brass: TBHB 1947-03-11. , 1947, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1947-03-12_001.jpg&oldid=- (Version vom 10.1.2025)