größerer Lastwagen zugesellt. Als Ziemeck streikte, stiegen Fritz u. Strohschnitter auf den großen Lastwagen um u. Ziemeck fuhr zurück u. nahm Martha mit. Gott sei Dank! – Denn inzwischen hatte sich der Nord-Ost zum Sturm gesteigert u. ein heftiges Schneewetter hatte eingesetzt. Es schneite einen feinen Schnee, der vom Sturm getrieben wurde. So kam es, daß auch Ziemeck nur zurück bis zur Molkerei Wustrow kam. Von da an mußte Martha zu Fuß weiter. Sie machte bei Frau Stricker in Althagen Station, wo sie das Gepäck stehen ließ. Gegen 3 Uhr nachmittags kam sie körperlich u. seelisch total erschöpft hier an u. legte sich gleich ins Bett. Jetzt, am Abend nach der Stromsperre, war sie wieder auf u. ich gab ihr zwei Tassen kräftigen Grog, den sie trank, aber dann ging sie wieder ins Bett. Ich bin froh, daß sie wieder hier ist, denn ich glaube nicht daran, daß Fritz nach Leipzig kommt. Es hat ununterbrochen geschneit, es schneit zur Stunde noch u. es scheint nicht, daß es so bald aufhören wird. Der Nord-Ost hat erst jetzt am späten Abend etwas an Stärke nachgelassen, doch weht es immer noch heftig. – Es ist wirklich, als ob die ganze Hölle losgelassen wäre. Es herrscht in ganz Deutschland ein unbeschreibliches Elend. Ein Strafgericht Gottes – doch merken es die Menschen nicht, es ist alles wirklich völlig hoffnungslos, wenn es nicht noch etwas anderes gäbe als diese elende Welt. – Heute berichtet das Radio über die Reisen der verschiedenen Außenminister zur Konferenz in Moskau, die am 10. März beginnen soll. Die Völker wollen Frieden, die Politiker wünschen Frieden; aber Satan hat seine Macht u. es wird keinen Frieden geben! –
Von Ruth ein guter Brief. Sie ist nun die erste Vorsitzende des Aerztevereins von Regensburg, desgleichen desselben Vereins der Oberpfalz u. Mitglied der Landes=Aerztekammer in München, u. ist dabei doch bescheiden. Gott möge sie schützen u. segnen. Welch großer Unterschied gegenüber Fritz der sich in alberne Eitelkeiten verliert. Ruth steht fragend u. forschend vor dem Tor des Glaubens, das sich ihr noch nicht geöffnet hat, aber sie denkt nicht daran, fort zugehen, ehe es sich auftut. Fritz dagegen verschludert, sich in Eitelkeit u. Flachheit u. bildet sich noch dazu ein, etwas zu sein u. zu leisten. Er ist für mich eine sehr tiefe Enttäuschung. Möge auch ihn Gott schützen! -
Heute war tagsüber 1 – 2° Wärme, was jedoch bei dem hohen Schnee u. der Vereisung des Meeres u. des Boddens keinerlei Wirkung hatte. Am Nachmittag sank die Temperatur wieder ab u. der Wind, der ganz eingeschlafen war, kam wieder auf. Jetzt um 12 Uhr nachts weht es wieder recht kräftig, wie mir scheint aus Westen oder Nordwesten u. es hat wieder neu zu schneien begonnen. Die Treppe zu unserem Hause ist so tief verweht, daß man sie nicht benutzen kann, sie frei zu schaufeln, würde für mich eine zu große Anstrengung sein, u. so lasse ich sie, wie sie ist. Nach dem Radio ist an Tauwetter noch nicht zu denken, aber dafür an viel mehr Schnee.
Hans Brass: TBHB 1947-03-06. , 1947, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1947-03-07_001.jpg&oldid=- (Version vom 10.1.2025)