Kandidaten, mit der Tätigkeit unserer Fraktion im Reichstag einverstanden erklärt. Sie hatten dadurch in nicht mißzuverstehender Weise dokumentiert, daß sie Anhänger der völkerbefreienden Sozialdemokratie seien. Ein solches Heer, in der kurzen Spanne Zeit gewissermaßen aus der Erde zu stampfen, dazu ist nur eine große Idee, wie die sozialdemokratische fähig und dieses Heer berechtigt zu dem Ausspruch: „Unser die Welt!“
1904 gab es wieder Arbeit für uns. Es galt, an Stelle unseres entthronten Ortsgewaltigen einen anderen zu wählen. Nur widerwillig und mit äußerster Vorsicht gingen wir an diese Wahl. Es ist und bleibt immer ein undankbares, riskantes Geschäft insofern, als man eben nicht in die Herzen der Menschen hineinsehen kann und nicht zum Voraus weiß, wie sie sich später entwickeln. Entwickelt sich ein mit unserer Hilfe Gewählter nicht zur allgemeinen Zufriedenheit, so hat man später nicht nur den Vorwurf, an seiner Wahl die Schuld zu tragen, sondern man macht sich auch die nötigen Selbstvorwürfe.
Da die Herren Bewerber aber eben auch Menschen sind, sehr wandlungsfähige Menschen sogar, ist es besser für unsere Partei, bei solchen Wahlen möglichst die Hand aus dem Spiel zu lassen. Bei dieser Wahl wurde, ich glaube auf Anregung der Deutschen Partei, der Versuch unternommen, die drei maßgebenden Parteien, Deutsche Partei, Volkspartei und Sozialdemokratie, zur gemeinsamen Aufstellung eines Kandidaten zu veranlassen.
Von obigen Erwägungen ausgehend, erklärten wir uns sofort zu Verhandlungen bereit mit dem
Gustav Kittler: Aus dem dritten württemb. Reichstags-Wahlkreis. Im Selbstverlag des Verfassers, Heilbronn 1910, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gustav_Kittler_Erinnerungen_1910.pdf/144&oldid=- (Version vom 1.8.2018)