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Seite:Geschichte von Berthelsdorf.pdf/18

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Vorübergehend stieg die Zahl der Einwohner, als sich 1727 ein Theil der in Schlesien hart verfolgten

Schwenkfelder

nach Berthelsdorf wandte und vom Grafen Zinzendorf aufgenommen wurde. Sie kauften sich hier an und bauten auch von 1730 bis 1733 in Oberberthelsdorf acht Häuser[1].

Diese Schwenkfelder waren eine aus der protestantischen Kirche hervorgegangene Secte, gestiftet von einem 1490 geborenen schlesischen Edelmann, Caspar Schwenkfeld, der die evangelischen Lehren zur Zeit der Reformation mit Eifer ergriff, aber sich durch seine mystischen Ansichten über das Abendmahl und dergl. von den Protestanten absonderte. Nach seinem in der Verbannung zu Ulm 1561 erfolgten Tode bildeten sich zuerst in Schlesien besondere Gemeinden, die seinen Behauptungen folgten und eine strengere Kirchenzucht unter sich einführten. Hier vertrieben, wandte sich also ein Theil derselben nach Berthelsdorf. Doch auch hier war ihr Aufenthalt nur ein kurzer, bald mußten sie auf landesherrlichen Befehl Sachsen räumen. Loskiel schreibt hierüber in seiner Missionsgeschichte von Amerika:

„Als den bekannten Schwenkfeldern auf hohen Befehl die Räumung der chursächsischen Lande angedeutet werden sollte, so entschlossen sich diejenigen, die seit dem Jahre 1727 in Berthelsdorf, einem dem Herrn Grafen Nicolaus Ludwig von Zinzendorf und Pottendorf zuständigen Landgute in der Oberlausitz aufgenommen worden, nach Georgien in Nordamerika zu ziehen, und der Graf bemühte sich sogleich, ihnen in London bei den Vorstehern der Georgischen Colonie freie Ueberfahrt und gute Aufnahme auszuwirken. Darauf reisten sie im Jahre 1734 aus der Oberlausitz ab. Als sie aber nach Holland kamen, wurden sie andern Sinnes und gingen nach Pensylvanien.“

Hier in Philadelphia gründeten sie eine Gemeinde, welche noch jetzt besteht und einen eignen Geistlichen und ein Bethaus hat. Man rühmt sie wegen ihrer Arbeitsamkeit, Mäßigkeit und Rechtlichkeit.


  1. Die Erbauer dieser acht Häuser waren: 1) Melchior Kriebel, jetzt dem Fabrikant Christ. Paul gehörig; 2) Balthasar Jäkel, jetzt weil. Gottlieb Anders; 3) Melchior Schulze, jetzt Gruner; 4) Caspar Kriebel, jetzt Uhrmacher Hänsch; 5) Melchior Wiegner, jetzt Aug. Müller, Maurer; 6) Georg Reinwald, jetzt Bahnitz; 7) Hans Wiegner, jetzt Tischler Heinr. Ernst; 8) David Schubert, jetzt Schuster.
Empfohlene Zitierweise:
Gottlieb Korschelt: Geschichte von Berthelsdorf. Selbstverlag des Verfassers, Berthelsdorf bei Herrnhut 1852, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_von_Berthelsdorf.pdf/18&oldid=- (Version vom 1.8.2018)