diesem wöchentlich die bare Losung und die eingehenden Außenstände der Buchhandlung auszahlen und über die nötigen Ausgaben Rechnung ablegen sollte. Trotz dieser Deckung, und obgleich Roth auch an Vögelin zu zahlen hatte, erklärten beide Gläubiger, die mit Vögelin geschlossenen Kontrakte nicht halten zu wollen; sie suchten vielmehr die Buchhandlung zu verkaufen. Sehr richtig schreibt hierüber Bock, 1. November 1576, an Vögelin: „Es wundert mich aber gar sehr das B(aumeister) Roth vnd Finckelthauß sehr gewillet, vnd dareyn gewilliget das die Druckerey vom handell kompt, das nun der handel gantz bloß, vnd nichts forthin verlegen noch etwas von gutten Büchern haben soll.“ Denn mit Wegfall der Möglichkeit, gegen guten Verlag zu changieren, war der Buchhandlung an sich der Lebensnerv unterbunden. Das war wohl auch der Grund, daß Finckelthaus von der ihm durch Rauscher, der seinen Privatvorteil suchte, angebotenen Übernahme der Handlung allein nichts wissen wollte.
Inzwischen hatte der Kurfürst auf Vermittelung des Bürgermeisters das Ausweisungsdekret zurückgenommen. Die Kinder sollten vorläufig in Leipzig bleiben dürfen. Im Herbst 1576 starben die beiden Töchter Vögelins an einer in Leipzig grassierenden Seuche; die überlebenden vier Söhne wollte niemand aufnehmen. Ein Unterkommen, das für sie in der Familie eines Handwerkers ausgemacht war, verbot der Bürgermeister „seiner eigenen Kinder wegen“. Da nahm sich Nickel Bock ihrer an; er brachte sie in seine eigene Wohnung, versorgte sie mit allem Nötigen und bestellte ihnen einen Lehrer.
Bei all diesem Elend ruhten die Feindseligkeiten gegen Vögelin nicht. Jetzt trat der Bürgermeister Rauscher, der gern die wertvolle Druckerei für sich billig erwerben wollte, in den Vordergrund. Er hatte den Kurfürsten dafür zu interessieren gewußt, der geäußert haben sollte, er wolle die Druckerei nicht aus seinem Lande lassen und sie eher selbst kaufen. Rauscher hatte ihm zugesagt, seine Druckerthätigkeit mit einem Werke „In odium Calvinistarum“ zu beginnen. Auf Befehl des Kurfürsten ließ er im Oktober 1576 die Druckerei schätzen (auf 4000 Gulden) und Abdrucke aller Schriften, Leisten und Stöcke machen, damit nichts davon entfernt werden könnte. Diese Abdrucke sollten dem Kurfürsten als angeblichem Käufer zugeschickt werden. Zugleich verbot Rauscher, an Vögelin das Geringste zu schicken, bis die Sache mit der Druckerei entschieden
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels Band 1. Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Dt_Buchhandels_1_02.djvu/093&oldid=- (Version vom 1.8.2018)