„So will ich also mitreiten,“ antwortete Indiana unbedacht.
Sie wechselte mit Raymon einen Blick des Einverständnisses, den aber Ralph bemerkte, und während des ganzen Abends konnte Raymon sie weder ansehen noch ein Wort an sie richten, ohne der Beobachtung Ralphs zu begegnen.
Am folgenden Morgen sah Raymon das feierliche Gesicht seines Wirtes in seinem Zimmer erscheinen. Ralphs Benehmen war noch steifer und kühler als sonst und Raymon hoffte schon auf eine Herausforderung. Es handelte sich jedoch nur um ein Reitpferd, welches Raymon nach Bellerive gebracht hatte. Ralph hatte erfahren, daß er es verkaufen wollte, und in fünf Minuten war der Kauf geschlossen. Raymon kam plötzlich auf den Gedanken, es sei nur darauf abgesehen, ihn zu verhindern, die Jagd mitzumachen, und erklärte mit ziemlich dürren Worten, daß er der Jagd zu Fuße nicht zu folgen pflege.
„Mein Herr,“ antwortete Ralph, „ich weiß, was ich meinen Gästen schuldig bin.“
Und er entfernte sich.
Als Raymon in die Vorhalle des Hauses herabkam, sah er Frau Delmare im Reitkleide, fröhlich mit Ophelia spielend, welche ihr batistnes Taschentuch zerriß. Auf ihren Wangen war eine leichte Purpurfarbe wieder zurückgekehrt, ihre Augen hatten den lange verlorenen Glanz wiedergewonnen. Sie war schon wieder hübsch geworden. Die Locken ihres schwarzen Haares flossen unter ihrem kleinen Hute hervor, der ihrem Gesichte reizend stand, und das von oben bis unten zugeknöpfte Tuchkleid zeigte ihren feinen, schlanken Wuchs.
Von ihrer Anmut entzückt, sagte Raymon ihr einige artige Komplimente.
„Sie beunruhigten sich über meine Gesundheit,“ erwiderte sie ganz leise; „sehen Sie nicht, daß ich leben will?“
George Sand: Indiana. Karl Prochaska, Leipzig [u.a.] [1904], Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:George_Sand_Indiana.djvu/74&oldid=- (Version vom 1.8.2018)