Zum Inhalt springen

Seite:George Sand Indiana.djvu/5

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Das einzige glückliche Geschöpf in dieser Gruppe war ein schöner Jagdhund, welcher seinen Kopf auf die Knie des am Kamin sitzenden Mannes gelegt hatte. Er zeichnete sich durch seinen schlanken Wuchs, seine spitze, fast der eines Fuchses ähnlichen Schnauze und sein kluges Gesicht aus, welches ganz von verwirrten Haaren starrte, zwischen denen zwei große, gelbe Augen hervorglänzten. Diese Augen, die in der Hitze der Jagd so blutgierig blicken können, zeigten jetzt einen Ausdruck von unbeschreiblicher Zärtlichkeit, und wenn der Herr, der Gegenstand dieser Liebe, das silbergraue Seidenhaar des schönen Hundes streichelte, glänzten dessen Augen vor Vergnügen, während sein langer Schwanz den Kamin taktmäßig fegte. Endlich ließ das Tier ein leichtes schüchternes Bellen hören und setzte seine beiden Pfoten auf die Schultern seines geliebten Herrn.

„Leg’ dich, Ophelia, leg’ dich!“ gebot der junge Mann und richtete in englischer Sprache einen ernsten Tadel an das gelehrige Tier, welches beschämt zu Frau Delmare kroch, als wolle es sie um ihren Schutz bitten. Aber Frau Delmare verharrte in ihrem träumerischen Sinnen und ließ Ophelias Kopf ohne Liebkosung auf ihren beiden weißen Händen ruhen, die sie über ihrem Knie gefaltet hielt.

„Dieser Hund ist also im Salon völlig eingebürgert?“ sagte der Oberst, heimlich erfreut, einen Ableiter für seine üble Laune zu finden. „In den Stall, Ophelia! fort, dummes Tier!“

Wenn jemand jetzt Frau Delmare beobachtet hätte, so würde er bei diesem geringfügigen Anlaß das schmerzliche Geheimnis ihres ganzen Lebens haben erraten können. Ein unmerklicher Schauer überlief ihren Körper und ihre Hände umklammerten heftig den Hals des Tieres, wie um es zu beschützen. Herr Delmare zog seine Jagdpeitsche aus der Rocktasche und ging mit drohender Miene auf die arme Ophelia los. Frau Delmare wurde noch blässer als gewöhnlich; ihr Busen wogte krampfhaft und mit einem Ausdruck unaussprechlichen

Empfohlene Zitierweise:
George Sand: Indiana. Karl Prochaska, Leipzig [u.a.] [1904], Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:George_Sand_Indiana.djvu/5&oldid=- (Version vom 31.7.2018)