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Seite:Geistliche Oden und Lieder-Gellert.djvu/107

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     Ermattet dieser Trieb in dir:

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So such ihn zu beleben.

Sprich oft: Gott ist die Lieb, und mir
Hat er sein Bild gegeben.
Denk oft: Gott, was ich bin, ist dein;
Sollt ich, gleich dir, nicht gütig seyn?

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     Wir haben Einen Gott und Herrn,

Sind Eines Leibes Glieder;
Drum diene deinem Nächsten gern;
Denn wir sind alle Brüder.
Gott schuf die Welt nicht bloß für mich;

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Mein Nächster ist sein Kind, wie ich.


     Ein Heil ist unser aller Gut.
Ich sollte Brüder hassen,
Die Gott durch seines Sohnes Blut
So hoch erkaufen lassen?

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Daß Gott mich schuf, und mich versühnt,

Hab ich dieß mehr, als sie, verdient?

     Du schenkst mir täglich so viel Schuld,
Du Herr von meinen Tagen!
Ich aber sollte nicht Geduld

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Mit meinen Brüdern tragen?

Dem nicht verzeihn, dem du vergiebst,
Und den nicht lieben, den du liebst?

Empfohlene Zitierweise:
Christian Fürchtegott Gellert: Geistliche Oden und Lieder. in der Weidmannischen Handlung, Leipzig 1757, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geistliche_Oden_und_Lieder-Gellert.djvu/107&oldid=- (Version vom 1.8.2018)