Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8 | |
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entstehen und das Mädchen nach seinem feenhaften Schloß als Gattin heimführen. Für diese Prozedur sollte das Mädchen der Zigeunerin drei Kronen zahlen.
Sechshundert Goldkronen betrugen die Ersparnisse des Mädchens. Diese holte es und noch drei Kronen eiligst herbei. Die Zigeunerin hatte im Handumdrehen den Hokuspokus vollendet. Nachdem sie dem abergläubischen Mädchen nochmals eingeschärft hatte, das Bierglas in einem ganz verborgenen Ort aufzubewahren, niemandem etwas von der Angelegenheit mitzuteilen und erst nach Ablauf von vollen vierzehn Tagen das Glas zu öffnen, verabschiedete sie sich. Das einfältige Mädchen sah sich schon im Geiste als Gattin an der Seite eines engelschönen, jungen Grafen in einem feenhaften Grafenschloße, das von Wäldern umgeben, von Seen durchrauscht war. Nachdem vierzehn Tage vergangen, begab sich das Mädchen herzklopfend an den verborgenen Ort, an dem es das Bierglas aufbewahrt hatte. Allein zur großen Betrübnis des Mädchens hatte sich der Laubfrosch noch immer nicht in einen jungen Grafen verwandelt. Das Mädchen wartete nochmals vierzehn Tage. Als aber auch nach dieser Zeit die heiß ersehnte Verwandlung nicht eingetreten war, stiegen dem Mädchen doch Bedenken auf. Es öffnete das Glas und gewahrte zu seinem Schreck, daß in dem Beutel anstatt der sechshundert Kronen eine Anzahl – Bleiknöpfe enthalten waren. Das Mädchen lief mit dem Bierglas zur Polizei. Die Polizeibeamten konnten sich des lauten Lachens nicht enthalten, als ihnen das Mädchen die Geschichte erzählte und laut jammerte, daß der Laubfrosch sich nicht in einen jungen Grafen verwandeln wolle. Es gelang nach einiger Zeit die betrügerische Zigeunerin festzunehmen. Die sechshundert Kronen waren jedoch für immer verschwunden. Als das Mädchen, laut weinend, im Gerichtssaal als Zeugin erschien, suchte es die Zigeunerin mit den Worten zu trösten: Die Verwandlung des Laubfrosches in einen jungen Grafen habe nur eine Verzögerung erlitten, sie werde aber
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8. Hermann Barsdorf, Berlin 1913, Seite 294. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_8_(1913).djvu/298&oldid=- (Version vom 18.4.2024)