Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8 | |
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– Besitzer Rosowski: Er habe die Angeklagte stark im Verdacht gehabt, daß sie ihm fünf Gänse gestohlen habe. Der verstorbene Gatte der Angeklagten, Wiescholleck, habe den Verdacht geteilt, es wurde aber von keiner Seite Strafanzeige erstattet. Wiescholleck, der früher ein starker, kerngesunder Mann gewesen, war in der letzten Zeit seines Lebens derartig hilflos, daß er sich nur mühsam auf Krücken fortbewegen konnte. – Dr. med. Riemeck bekundete hierauf als Zeuge und Sachverständiger: Ich wurde im Januar 1899 zu dem verstorbenen Wiescholleck gerufen. Wiescholleck sah sehr schlecht aus. Er klagte über Rücken- und Kreuzschmerzen, Ameisenlaufen, Gefühllosigkeit in Händen und Füßen und Verdauungsstörungen. Außerdem klagte er, daß ihm das Gehen sehr schwer werde. Ich nahm zunächst an, der Patient leide an Rückenmarksschwindsucht. Ich kam aber sehr bald davon ab, da die wesentlichsten Symptome der Rückenmarksschwindsucht fehlten. Ich kam überhaupt zu keiner Diagnose, eine Vergiftung nahm ich damals nicht an. Ich habe Wiescholleck viermal besucht. Nachdem ich gehört hatte, daß in den Leichenteilen des Wiescholleck Arsenik gefunden wurde, kam ich zu der Überzeugung, daß Wiescholleck an Arsenikvergiftung gestorben ist. Wiescholleck muß Arsenik in großen Quantitäten, und zwar längere Zeit genossen haben. Es muß eine chronische Vergiftung vorgelegen haben. – Auf Befragen des Ersten Staatsanwalts bekundete Dr. Riemeck noch: Er glaube nicht, daß in der Suppe, die die Angeklagte dem Wiescholleck vorgesetzt hatte, Arsenik oder Schweinfurter Grün enthalten war. Arsenik sei geschmack- und geruchlos, Schweinfurter Grün hätte die Suppe grünlich gefärbt. – Erster Staatsanwalt: Ist es nicht möglich, daß auch andere Dinge in der Suppe waren, die den widerlichen Geruch und Geschmack der Suppe verursacht haben? – Dr. Riemeck: Diese Möglichkeit liegt vor. – Darauf wurde auf Antrag des Ersten Staatsanwalts die Strafgefangene Frau Teschner
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8. Hermann Barsdorf, Berlin 1913, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_8_(1913).djvu/24&oldid=- (Version vom 28.12.2023)