Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8 | |
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hatte an Krätze gelitten und wahrscheinlich deshalb, aber auch zum Weißen der Wände Vitriol angeschafft. – Vors.: Sie sollen einmal zu Ihrem vierten Mann Wiescholleck gesagt haben: Du ruinierst die ganze Wirtschaft. Wenn du nicht anders wirst, werde ich dich einfach verschwinden lassen. – Angekl.: Das ist unwahr. Ich habe dem Wiescholleck allerdings oftmals Vorwürfe gemacht, weil er sich bisweilen betrank und infolgedessen die Wirtschaft vernachlässigte. Ich habe aber niemals gesagt: ich werde dich verschwinden lassen. – Vors.: Wiescholleck soll einmal gesagt haben: die Wurst, die Sie ihm vorgesetzt hatten, schmecke eigentümlich. – Angekl.: Das ist mir nicht erinnerlich. Die Wurst war jedenfalls gut, ich habe selbst davon gegessen. Meinem Mann schmeckte nicht alles, da er krank war. – Vors.: Wiescholleck soll oftmals allein gegessen haben? – Angekl.: – Das geschah nur, wenn wir uns gezankt hatten. – Vors.: Sie sollen einmal erzählt haben, Wiescholleck sei gestorben, weil er Rühreier gegessen hatte, zu denen Eier verwendet wurden, die eine Gans schon vierzehn Tage lang bebrütet hatte? – Angekl.: Auch das ist nicht wahr, dem Wiescholleck ist allerdings einmal von dem Essen gekochter Eier übel geworden. – Auf Antrag des Ersten Staatsanwalts stellte der Vorsitzende aus den Akten fest, daß Bachur bei der Verheiratung 21 Jahre, Kempka 27, Panneck 26, Wiescholleck 28 Jahre alt war. – Vors.: Angeklagte, es ist Ihnen schon wiederholt vorgehalten worden, daß es festgestellt ist, daß in den ausgegrabenen vier Leichen, jedenfalls bei Bachur, Kempka und Wiescholleck Arsenik gefunden wurde; es ist ferner festgestellt, daß alle vier Männer an ein und derselben Krankheitserscheinung gestorben sind, wie erklären Sie sich das? – Angekl.: Ich kann mir das nicht erklären. Arsenik war niemals in unserem Hause. Dieselben Krankheitserscheinungen können bei den vier Männern nicht festgestellt sein, denn sie sind an verschiedenen Krankheiten gestorben. – Unter größter Spannung wurde
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 8. Hermann Barsdorf, Berlin 1913, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_8_(1913).djvu/11&oldid=- (Version vom 18.12.2023)