Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7 | |
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allerdings dolose gehandelt, und ich habe bezüglich dieser beiden Punkte nichts weiter zu sagen. Wegen aller anderen Punkte beantrage ich die Freisprechung. Wenn ich mich nun zu der Frage des Strafmaßes wende, so wird doch zu erwägen sein, daß der Angeklagte durch seine dem Vaterlande geleisteten Dienste krank geworden, daß er anläßlich dessen genötigt gewesen ist, kostspielige Badekuren zu unternehmen und somit tief in Schulden geraten ist. Er hat schließlich aus eigenem Willen die Verbindung mit Adler abgebrochen. Aus allen diesen Gründen ersuche ich diesen höchsten Gerichtshof, meinem Klienten mildernde Umstände zuzubilligen. Der Angeklagte v. Kraszewski nahm den Strafantrag des Reichsanwalts mit derselben Teilnahmlosigkeit entgegen, mit der er fast der ganzen Verhandlung gefolgt war. Hentsch dagegen war ungemein niedergeschlagen und brach bei den Schlußworten seines Verteidigers, als dieser seine persönlichen Verhältnisse schilderte, in Tränen aus. – Es wurden nun nochmals die Sachverständigen Major Perthes, Major Erffling und Major v. Goßler vernommen, die übereinstimmend bekundeten: Hentsch habe bei seiner Arbeit über den Truppenaufmarsch den amtlichen Kriegsverpflegungsetat benützt. – Verteidiger, Rechtsanwalt Saul: M. H. Mit derselben Entrüstung, mit der sich die Oberreichsanwaltschaft und die Herren sachverständigen Kommissare dem Verbrechen des Landesverrats gegenüberstellen, mit derselben Entrüstung wendet sich selbstverständlich die Verteidigung von einem so schweren Verbrechen ab. Wenn ich es dennoch unternehme, diesen Mann, der dieses Verbrechens angeklagt ist, zu verteidigen, so geschieht es, weil ich der Überzeugung bin, daß mein Klient des ihm zur Last gelegten Verbrechens nicht überführt ist. Ich behaupte, die Schuld des Angeklagten ist weder objektiv noch subjektiv erwiesen. Objektiv ist dem Angeklagten nicht nachgewiesen, daß er die ihm von Adler übergebenen Arbeiten, betreffend den Truppenaufmarsch und die Dienstinstruktion
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/54&oldid=- (Version vom 26.3.2023)