Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7 | |
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Seine Mutter habe in den letzten Jahren etwa 70 000 Mark für ihn bezahlt, darunter befanden sich im Jahre 1894 17 000 Mark Spielschulden. Als er in Berlin Referendar war, wurde ihm ein Kapital von 12 000 Mark überwiesen. Durch Vermittelung seiner Mutter wurde ihm ein Legat von 4000 Mark überwiesen. Außerdem habe er durch Vermittelung seiner Brüder und anderer Leute Darlehen erhalten. Seine Mutter sei jederzeit in der Lage und auch stets bereit gewesen, Schulden in bedeutender Höhe für ihn zu bezahlen. Im Jahre 1895 habe er große Spielverluste gehabt, die teilweise auch darauf zurückzuführen seien, daß er einmal in großer Trunkenheit sich auf Spiele eingelassen habe, auf die er in nüchternem Zustande nicht eingegangen wäre. Im Winter 1894/95 sei er nach anfänglichen Verlusten im Glück gewesen, so daß er über 30 000 Mark besessen habe; diese seien aber im folgenden Winter wieder verloren worden. Schon im Oktober 1896 habe er seiner Mutter einen sehr großen Posten Spielschulden beichten müssen. Er habe jetzt noch 14 000 Mark Spielschulden, er habe aber 15 300 Mark Außenstände. Er gebe zu, bisweilen an Spielabenden Oberkellner angeborgt zu haben. Auch Bleichröder würde, wenn ihm während des Spiels das Geld ausginge, sich Geld borgen, da er doch nicht des Nachts auf die Bank gehen könne. Vors.: Sie haben doch aber bisweilen recht bedenkliche Äußerungen getan, die mit Ihren jetzigen Angaben im Widerspruch stehen. Sie haben z. B. dem Leutnant v. Neymann gesagt: „Sie sind Offizier, Sie bekommen nichts, ich bin im übrigen gänzlich mittellos.“ Angekl.: Wenn ich das gesagt habe, dann kann es nur in der Trunkenheit geschehen sein. Ich habe auch schließlich Herrn v. Neymann einen Teil meiner Schulden bezahlt, er hat also dadurch den besten Gegenbeweis von meiner Vermögenslage erhalten. – Es wurde alsdann die Aussage der Mutter des Angeklagten verlesen. Sie hatte bekundet: Bis zur großen Beichte habe sie von der Spielleidenschaft ihres Sohnes nichts gewußt;
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/256&oldid=- (Version vom 31.8.2024)