Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7 | |
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Mittäterschaft sprechen. Daß Küchler nur mitgereist war, um das Attentat zu verhindern, kann ihm in keiner Weise geglaubt werden. Er leugnete anfänglich, den Rupsch überhaupt zu kennen, suchte durch seine Verwandten einen Alibibeweis zu führen, und als ihm nachgewiesen wurde, daß er in Koblenz seine Uhr versetzt habe, gab er dies wohl zu, leugnete aber immer noch, überhaupt auf dem Niederwald gewesen zu sein. Noch in den jüngsten Tagen hat man einen „Kassiber“ bei ihm gefunden, in welchem er seine Verwandten um Geld bat, um seine Flucht zu bewerkstelligen. Erst hier in der Verhandlung ließ er sich zu dem Geständnis herbei, dabei gewesen zu sein, dies sei aber nur geschehen, um das Attentat zu verhindern. Ist es einmal unglaubhaft, daß zwei Leute die Begehung eines Attentats unternehmen, um die Ausführung zu verhindern, so hat Küchler absolut nichts getan, um das Attentat zu vereiteln. Er sagt wohl: er habe deshalb das Dynamit in die Drainage gelegt, weil er hoffte, es werde Wasser hineinkommen, und daß alsdann das Dynamit wirkungslos bleiben werde. Er mußte sich jedoch aber auch sagen, daß seine Hoffnung ihn täuschen und daß nicht soviel Wasser in die Drainage kommen könnte, um die Wirkung zu verhindern. Daß bei Rupsch und Küchler die Absicht vorgewaltet hat, Se. Majestät den Kaiser, den deutschen Kronprinzen nebst Umgebung zu töten, steht außer allem Zweifel. Dafür spricht die bekannte Äußerung des Küchler zu Rupsch und das Geständnis von Reinsdorf selbst, der dem Rupsch ganz direkt gesagt hat: er solle die Explosion vollführen, um Se. Majestät den Kaiser, den deutschen Kronprinzen und die deutschen Bundesfürsten zu töten. Daß auch die volle Absicht bei beiden Angeklagten obgewaltet hat, geht aus der Erzählung des Rupsch hervor, der bekundet hat: Er solle das erstemal den Wagen des Kaisers auf 50 oder 150 Schritt herankommen lassen und das zweitemal die Explosion dann vollführen, wenn das letzte Hoch auf Se. Majestät den Kaiser ertönt war, ein programmmäßiges
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/243&oldid=- (Version vom 24.7.2024)