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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 7 (1912).djvu/235

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

habe ich es aber gehört, daß ein Angeklagter sich immer auf Kosten des andern zu entlasten sucht. Der Gang der Verhandlungen hat den vollen Beweis geliefert, daß Rupsch und Küchler alles taten, um das Verbrechen zu vollführen. Der Umstand, daß Rupsch einen neuen Schwamm an die Schnur befestigte und diesen noch einmal anzündete, beweist, mit welch zäher Konsequenz beide das Verbrechen ausführten. Daß die Explosion trotzdem auch zum zweitenmal nicht erfolgte, ist einer höheren Hand, der Hand der Vorsehung zu danken. Wenn einer der Herren Verteidiger gesagt hat: die Zündschnur hätte sich in Rüdesheim entzündet, sie wäre mithin auch auf dem Niederwald noch explosionsfähig gewesen, dann erwidere ich: am 28. September regnete es nicht und die Zündschnur konnte mithin bis zum Abend wohl trocken sein. Im übrigen hat ja der Angeklagte Reinsdorf selbst mit größter Offenheit bekannt, daß es in seiner Absicht gelegen habe, Se. Majestät den Kaiser zu töten, und daß Rupsch und Küchler seinen Auftrag vollständig verstanden haben. Es dürfte mithin kein Zweifel bestehen, daß hier Hochverrat im Sinne des § 80 des Strafgesetzbuches vorliegt. Nach noch kurzer Replik und Duplik des Vertreters der Ober-Reichsanwaltschaft, Staatsanwalts Treplin, und den Verteidigern, erhielt das Wort zur Verteidigung Angeklagter Reinsdorf: Es haben zwei Attentate stattgefunden, das eine in Elberfeld, das andere an der Festhalle zu Rüdesheim. Es hat ferner die Absicht bestanden, ein Attentat auf dem Niederwald zu begehen, um gegen die Enthüllungsfeier des Niederwalddenkmals zu demonstrieren. Dieses Attentat ist leider mißglückt. Ich bin der Überzeugung, daß daran nicht die höhere Hand der Vorsehung, sondern die Hand des Rupsch schuld ist. Nun bedenke man, mit welchem Menschenmaterial diese Attentate ausgeführt wurden. Diese Leute erzählen ihre Taten offen vor aller Welt, als wenn es überhaupt keine Polizei gäbe. Und trotzdem wissen wir, wie groß das Polizeiheer in

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/235&oldid=- (Version vom 24.7.2024)