Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7 | |
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und die Zündschnur. Küchler forderte mich auf, mit dem nächsten Zuge nach Wiesbaden zu fahren und dort das Attentat zu vollführen, der Kaiser werde jetzt im Theater oder im Schloß sein. Ich weigerte mich jedoch mit den Worten: In Wiesbaden ist zuviel Polizei; dort könnten wir gefaßt werden. Ich wollte eben kein Attentat begehen, ich durfte davon jedoch nichts merken lassen, denn ich befürchtete, Küchler erzählt das dem Reinsdorf, und ich bin alsdann gefährdet. Ich ging nun mit Küchler nach Rüdesheim zurück, und nach längerem Sträuben entschloß ich mich schließlich zu dem Dynamitattentat in der Festhalle. Ich sagte zunächst: Küchler solle es tun, er sagte jedoch zu mir: „Dazu bist du da.“ Ich vollführte schließlich die Explosion und sagte dem Küchler, den ich in Rüdesheim auf dem Bahnhof traf: Die in der Festhalle versammelten Menschen sind alle in Stücke zerrissen worden. Ich sagte dies, um die Wut Küchlers einigermaßen zu beschwichtigen. Ich bemerke hierbei, daß mir Küchler alles Geld fortnahm und mich infolgedessen vollständig in seiner Gewalt hatte. Er sagte, wenn ich gefaßt werde, dürfe man kein Geld bei mir finden. Küchler hat mir das Geld nicht wiedergegeben. Wir reisten nun von Rüdesheim nach Aßmannshausen und übernachteten dort im Hotel Rheinstein. Am folgenden Morgen fuhren wir über Köln nach Barmen zurück. Als wir zu Holzhauer kamen und ihm unsere Erlebnisse erzählten, wurde dieser ganz blaß vor Zorn. Holzhauer sagte zu mir, nimm dich in acht, daß du nichts verrätst, du würdest sonst erschossen werden. Dem Reinsdorf erstatteten wir erst später Bericht, da dieser zurzeit im Krankenhause lag. Am folgenden Sonntag traf ich Küchler in der Berlinerstraße in Elberfeld. Dieser sagte zu mir, es ist gut, daß ich dich hier treffe, hier hast du eine Blechbüchse mit Dynamit, wir wollen eine Pastorenversammlung, wo Hofprediger Stöcker aus Berlin sprechen wird, in die Luft sprengen. Ich weigerte mich, Küchler drang jedoch in mich. Allein wir gingen zunächst
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/190&oldid=- (Version vom 20.7.2024)