Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7 | |
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800 Exemplare der verbotenen Flugschrift: „Wahlenthaltung“ einem Münchener Sozialisten zu übergeben; er unterzog sich diesem Auftrage und wurde deshalb, wie erwähnt, in München bestraft. Im Frühjahr 1882 war Reinsdorf kurze Zeit in seinem Heimatsorte Pegau. Sehr bald wurde er jedoch wegen einer zu verbüßenden Gefängnisstrafe verhaftet. Nach seiner Haftentlassung in Berlin begab er sich nach Frankreich und hielt sich bis Ende 1882 in Nancy auf. Als Reinsdorf sich 1882 in Leipzig aufhielt, nannte er sich Steinberg. Bei seinem Aufenthalte in Berlin (1880) nannte er sich, auf Grund eines für 15 Fr. gekauften Heimatsscheines, „Gfeller“. In München trat er als Hacke und Beugel, in Frankfurt am Main als Ernst Eckstein auf. Als er im Januar 1883 in Naumburg a. S. verhaftet wurde, nahm man ihm zwei amerikanische Bürgerbriefe ab, den einen auf „John Shmitt“, den anderen auf „John Penzenbach“ lautend. Bei seinem Aufenthalt in Pforzheim nannte er sich Shmitt, in Elberfeld zumeist Penzenbach. Wie er angibt, wurde er mit sozialistischen Ideen anno 1870 in der Schweiz vertraut. Die Grundsätze der gemäßigten Partei genügten ihm sehr bald nicht. Er machte derart extreme Anschauungen geltend, daß er im Jahre 1878 in Leipzig aus den Versammlungen der sozialdemokratischen Arbeiterpartei ausgeschlossen wurde. Der in Zürich erschienene „Sozialdemokrat“ nannte ihn im Jahre 1880, in Verbindung mit Eisenhauer, einem bekannten Mostschen Agenten, und mit Neve, dem Expedienten der „Freiheit“, und bemerkte: „Zu den guten Freunden des Herrn Most gehört ein gewisser Reinsdorf, alias Bernstein, recte Steinberg, ein Mensch, der sich schon früher in Deutschland durch verrückte und rabiate Redensarten hervorgetan hat.“ Reinsdorf selbst nannte sich einen Atheisten und Anarchisten. Er äußerte einmal: „Mit den Züricher Sozialdemokraten, der Partei des „Sozialdemokrat“, ist es nichts; es muß schärfer vorgegangen werden; man muß im Auftreten energischer sein. Es genügt
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/167&oldid=- (Version vom 18.7.2024)