Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6 | |
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Einbrechern unerkannt zu entkommen. Nitter, von einer großen Menschenmenge verfolgt, hatte das Mißgeschick, über einen Rinnstein zu stürzen. Er konnte infolgedessen ergriffen und der Polizei übergeben werden. Dagegen war Knitelius im Menschengetümmel spurlos verschwunden. Der unglückliche Apotheker Rathge hatte einen Schuß in den Bauch erhalten. Er wurde sofort in ein Krankenhaus gebracht. Dort ist er trotz aufopferndster Pflege nach einigen Tagen gestorben. Nitter wurde im Mai 1909 wegen eines vollendeten Einbruchsdiebstahls in Breslau, sowie wegen versuchten Einbruchsdiebstahls in die Magdeburger Hirsch-Apotheke von der Magdeburger Strafkammer zu sechs Jahren Zuchthaus, 10 Jahren Ehrverlust und Zulässigkeit von Polizeiaufsicht verurteilt. Knitelius aber war und blieb trotz aller Bemühungen der Magdeburger und Berliner Kriminalpolizei verschwunden. Er wurde in einer Weise, wie es nur selten von der deutschen Polizei geschieht, durch alle Erdteile verfolgt. Endlich im November 1910 gelang es, Knitelius in Brasilien zu verhaften. Er wurde auf Ersuchen des Auswärtigen Amts ausgeliefert und nach Magdeburg gebracht. Am 6. März 1911 hatte er sich vor dem Magdeburger Schwurgericht wegen Mordes zu verantworten. Den Vorsitz des Gerichtshofs führte Geh. Justizrat Landgerichtsdirektor Goldschmidt, die Anklage vertrat Staatsanwalt Schütte. Die Verteidigung führte als Offizialverteidiger Rechtsanwalt Dr. Boré (Magdeburg). – Der Angeklagte Knitelius war mittelgroß, schlank, brünett und auffallend blaß. Er hatte einen gut gepflegten dunkeln Schnurrbart und machte einen schneidigen Eindruck. Knitelius gab auf Befragen des Vorsitzenden an: Er sei am 16. November 1884 zu Offenbach a. M. geboren, katholischer Konfession und unbestraft. Er sei vollständig unschuldig. Er sei niemals in Magdeburg gewesen. Seine Eltern hatten in Offenbach einen offenen Verkaufsladen. 1894 starb sein Vater. Seine Mutter führte das Geschäft weiter. Er habe in Offenbach
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/9&oldid=- (Version vom 24.11.2022)