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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 6 (1912).djvu/316

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

Preßler gehabt. Haben Sie etwas davon gemerkt? – Zeuge: Niemals. – Angekl.: Es war aber so. Als meine Mutter nach dem Bekanntwerden meiner Schwangerschaft in mich drang, mich Preßler hinzugeben, damit er als der Vater des Kindes bezeichnet werden könnte, ging ich nur scheinbar darauf ein. Lieber wäre ich gestorben, als daß ich das wirklich getan hätte. – Zeuge Ingenieur Lippe (Chemnitz) schilderte Preßler als einen verschlossenen und komplizierten Charakter, der aber von glühender Liebe für seine Braut erfüllt war. Im letzten halben Jahre schien es so, als ob er an Gelbsucht leide. – Oberwachtmeister Schirks (Chemnitz): Er wurde als erster Polizeibeamter an die Leiche Preßlers gerufen. Preßler hatte eine Binde um die Augen, der Mund stand offen, hinten waren zwei Schußwunden zu sehen. Auf dem Tisch lag ein verschlossener Brief an Fräulein Grete Beier, und ein offener Brief von der angeblichen Italienerin Veroni. Mir kam die Sache romanhaft vor, aber alle Umstände sprachen für einen Selbstmord. – Frau Robel‚ die Aufwärterin Preßlers, kam am 14. Mai in dessen Wohnung. – Vors.: Sie haben früher bekundet, es sei Ihnen aufgefallen, daß es beim Fortschaffen der Sachen durch Grete Beier „happig“ zugegangen sei. – Zeugin: Ja, sie nahm alles mit, was sie wegschaffen konnte. – Vors.: Auch die Chaiselongue, auf der Preßler getötet wurde? – Zeugin: Ja. – Frau Möser (Chemnitz) und Frau Pauscher (Chemnitz) hatten den Schuß gehört, sie nahmen aber an, daß er auf der Straße gefallen sei. – Ein Beisitzer (zur Angekl.): Rechneten Sie nicht damit, daß alle Leute die Schüsse hören mußten? – Angekl.: Ich habe keinerlei Vorsichtsmaßregeln gebraucht. – Vors.: Sie hielten wohl den Revolver ziemlich weit in den Mund hinein? — Angekl.: Ja, sehr weit. – Vors.: Haben Sie sich nach dem Abfeuern der Schüsse noch lange bei Preßler aufgehalten? – Angekl.: Nein, nur wenige Minuten. Ich horchte, ob alles ruhig sei und schlich alsdann fort. –

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/316&oldid=- (Version vom 31.7.2018)