Zum Inhalt springen

Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 5 (1912).djvu/100

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

täglich 11 Stunden lang schwere körperliche Arbeit verrichten müsse. Das ist für den Angeklagten um so härter, da er Kopfarbeiter und an körperliche Arbeit nicht gewöhnt ist. Es kommt hinzu, daß der Angeklagte körperlich schwächlich und eine sehr empfindsame Natur ist. Dieser Umstand hat es auch verschuldet, daß der Angeklagte gestern nur mit Mühe dem Gange der Verhandlung folgen konnte. Es kommt hinzu, daß die Verpflegung des Angeklagten im Gefängnis eine sehr schlechte ist. Gestern hat z. B. der Angeklagte während des ganzen Tages nur eine kalte Erbsensuppe und ein Stück trockenes Brot bekommen. Der Angeklagte sitzt außerdem in Isolierhaft, nun ist er gestern plötzlich in einen großen Menschenstrom hineingekommen. Der Angeklagte befindet sich infolgedessen in einem Zustande, daß ich den Herrn Vorsitzenden bitten muß, nicht länger als vier Stunden hintereinander zu verhandeln und nach vier Stunden eine größere Pause zu machen. – Staatsanwalt Dr. Fimmen: Ich muß erwidern, ich habe deshalb der Bemerkung des Angeklagten nicht widersprochen, da ich sie nicht von weiterer Bedeutung hielt, damit habe ich aber die Bemerkung noch keineswegs als richtig zugegeben. Im übrigen muß ich behaupten, daß die Behandlung und Verpflegung des Angeklagten nicht schlechter ist als in andern deutschen Strafanstalten. – Vert. R.-A. Dr. Sprenger: Soviel mir bekannt, ist es statthaft, daß der Herr Vorsitzende anordnet, es solle wenigstens während der Dauer der Verhandlung dem Angeklagten eine bessere Verpflegung zuteil werden. – Vors.: Ich werde das in Erwägung ziehen. Daß eine Verhandlung, wie wir sie gestern gehabt haben, den Angeklagten aufregt, ist selbstverständlich. Wir werden ja sehen, wie weit der Angeklagte imstande ist, der Verhandlung zu folgen. – Ich ersuche den Zeugen Meyer, nochmals vorzutreten, und bitte Herrn Rechtsanwalt Dr. Sprenger, den Saal zu verlassen, da ich eine Gegenüberstellung dieser beiden Zeugen beabsichtige. Vors.: Nun

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/100&oldid=- (Version vom 13.6.2024)