Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3 | |
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eine Hintertür war? Das ist doch etwas ganz Auffallendes. – Angekl.: Ich war doch schon einige Wochen in der Stadt. – Vors.: Sie wußten also, daß die Häuser in der Danziger Straße Hintertore hatten? – Angekl.: Das gerade nicht. Es fiel mir auch erst an der Ecke ein, als ich die Hinterfront der anderen Häuser sah. – Vors.: Sie müssen doch also zugeben, daß es auffallend ist, wenn Sie als Fremder von hinten herum zu erfahren suchen, was Sie von vorn beobachtet haben wollen. – Angeklagter schwieg. – Vors.: Es ist doch auch auffallend, daß Sie als fremder Mensch, auf dem Nachhauseweg begriffen, lediglich aus Neugierde in eine finstere Hintergasse sich hineinwagten. Sie kannten die Örtlichkeit doch nicht? – Angekl. Nein, ich bin suchend an den Torwegen entlang gegangen. Am ersten Torweg war nichts zu hören, am zweiten oder dritten hörte ich dann plötzlich wieder solches Gespreche und ein paarmal auch wieder das Gegurgel. – Der Angeklagte erzählte auf weiteres Befragen: Er habe an der Hinterfront in der Mauer-Straße an einem Torwege wiederum Gespräche und dieselben gurgelnden Laute wie vorher gehört. Er bückte sich zur Erde und sah durch einen Spalt der Türe in einen Hof; hierbei sah er erst einen Mann und bald darauf noch zwei Männer mit Licht auf den Hof kommen. In einem der Männer habe er den alten Fleischermeister Lewy erkannt, während ihm die beiden anderen unbekannt waren. Die drei Leute zogen sich in den inneren Hofraum zurück. Er habe schließlich gesehen, daß drei Männer ein langes, schweres Paket in der Richtung nach der Synagoge zu trugen. Im weiteren Verlauf wurden Maßloff vom Vorsitzenden eine Anzahl Widersprüche vorgehalten. – Frau Roß: Sie sei Sonntag, den 11. März, abends gegen 7 Uhr in der Lewyschen Wohnung gewesen. Sie habe dort verdächtige Geräusche und Winseln gehört. Außerdem habe sie ein Taschentuch mit E. W. gezeichnet in der Lewyschen Wohnung liegen sehen. In einem Laken, das sich bei der Lewyschen Wäsche befand, klebten schwarze Haare und
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 3. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_3_(1911).djvu/99&oldid=- (Version vom 2.2.2023)